Viele besonders erinnerungswürdige Animationsfilme hat DreamWorks in den letzten ...
... Jahren nicht hervorgebracht. „Der wilde Roboter“ beweist aber, dass man die Hoffnung nie aufgeben sollte.
Auf Insel gestrandet
Ein weiblich konnotierter Roboter als Mutterersatz – diese Idee nutzte Grant Sputore in seinem Kinodebüt „I Am Mother“ (2019) für ein nicht makelloses, aber doch packendes Science-Fiction-Kammerspiel. Darin verhandelt wurden virulente Themen wie Künstliche Intelligenz und die Zerstörungswut des Menschen, der seinen Planeten sehenden Auges zugrundrichtet. Erinnerungen an diesen Film werden beim Blick auf die neue DreamWorks-Arbeit „Der wilde Roboter“ wach, die allerdings unsere Spezies weitgehend ausklammert und sich ganz auf die Titelheldin und die Tiere einer ansonsten unbewohnten Insel konzentriert.
Ein Taifun befördert Roz (deutsche Stimme: Ex-Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers), so der Name des hochintelligenten Maschinenwesens, auf besagtes Eiland, wo sie alsbald aktiviert wird und fortan hartnäckig versucht, den animalischen Bewohnern zu Diensten zu sein. Die halten die Blechkreatur jedoch für ein Monster und entziehen sich konsequent ihren Kontaktbemühungen. Gleich in den ersten zehn Minuten brennt der auf einem Roman von Peter Brown basierende Film ein Feuerwerk an amüsanten Missverständnissen und gut getimten Slapstick-Einlagen ab.
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Roz möchte einfach nur ihrer Bestimmung folgen, löst aber stets Fluchtreflexe aus. Kurzerhand beschließt sie ihre neue Umgebung genauestens zu observieren und die Sprachen der Tiere zu erlernen, sodass sie auf Augenhöhe mit ihnen kommunizieren kann. Hat es zunächst den Anschein, als sei dennoch keine Aufgabe in Sicht, ändert sich die Lage, als Roz auf der Flucht vor einem Bären versehentlich das Nest einer Gänsefamilie zerstört und sich fortan um den einzigen Überlebenden, ein von ihr Brightbill getauftes Küken, kümmert. Will der kleine Kerl im Winter mit den anderen Zugvögeln in den Süden ziehen, muss er Nahrung organisieren, schwimmen und vor allem fliegen können. Drei Dinge, die Adoptivmama Roz, unterstützt von einem Fuchs namens Fink, fleißig mit ihm übt.
Haptische Story-Welt
Immer wieder ist es erstaunlich, wie viel Gefühl manche Filme doch in Roboterfiguren packen können. Man denke nur an den Pixar-Streifen „WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf“ (2008), in dem ein kleines liebenswertes Blechwesen die völlig verdreckte Erde von ihren Müllbergen befreien soll. „Der wilde Roboter“ steht dem in nichts nach. Mit ihrer kugeligen Form, ihren stetig zunehmenden Abnutzungsspuren – die raue Natur ist kein Ponyhof! – macht Roz einen sympathischen, keineswegs zum Monsterimage passenden, im positiven Sinne verlebten Eindruck. Judith Rakers‘ warmherzige stimmliche Interpretation tut ihr Übriges, dass man die eifrige Helferin schnell ins Herz schließt.
Erwartungsgemäß wächst der knuffige, aber zu Beginn trotzdem nur seiner Programmierung folgende Roboter mit der Annäherung an Brightbill irgendwann über die Codierung hinaus und baut eine echte Verbindung zu der jungen Gans auf. Können Maschinen Emotionen haben? Diese im Science-Fiction-Kino oft gestellte Frage beantwortet der DreamWorks-Film mit einem klaren „Ja!“ – und zieht aus der ungewöhnlichen Beziehung zwischen hochentwickelter Technik und wilder Natur einige wirklich ergreifende Momente.
Etwas überraschend kommt es da, dass die kreativ Verantwortlichen rund um Regisseur und Koautor Chris Sanders („Drachenzähmen leicht gemacht“) gegen Ende ein knallig-düsteres Spektakel zünden. Hier fällt „Der wilde Roboter“ etwas ab, ohne dass dadurch der größtenteils schöne Vorlauf in Vergessenheit geraten würde. Zu viel macht der Film vorher richtig, um uns mit einem Gefühl der Enttäuschung aus dem Kinosaal zu entlassen.
Zufrieden ist man auch deshalb, weil die animierte Welt haptisch und detailreich gestaltet ist, es manche atemberaubende Flugstunts zu sehen gibt und sich die Schöpfer durchaus trauen, den Pfad des kindgerechten Humors vorübergehend zu verlassen. In schöner Regelmäßigkeit blitzt ein leicht garstiger Witz auf, der unter anderem das raue Leben in freier Wildbahn thematisiert. Köstlich etwa, wenn der vermeintliche Verlust eines ihrer Kinder eine Opossum-Mutter nicht zu kratzen scheint. Hinten raus federt „Der wilde Roboter“ solche Scherze mit einem Appell an das Gemeinschaftsgefühl ab – was den Film jedoch keineswegs zahnlos macht.
Fazit
Tolle Optik, viel Gefühl, verhältnismäßig wenig Krawall und ein paar Überlegungen zu einem Leben, in dem Künstliche Intelligenzen eine immer größere Rolle spielen – Animationskino darf gerne öfters so ausfallen wie hier.
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