In der Ewigen Stadt schlittert ein älteres Ehepaar in eine Krise und geht meistens getrennte Wege.
Von der Vergangenheit überrumpelt
Witzig, nachdenklich und mit gutem Blick für kleine, berührende Erkenntnisse – so frängt Roger Michells Tragikomödie „Le Weekend“ (2013) die plötzlich aufkeimenden Beziehungszweifel eines von Lindsay Duncan und Jim Broadbent gespielten Paares während eines Paris-Urlaubs ein. Filme über verpasste Chancen und die Frage, ob die Liebe der Gewohnheit gewichen ist, können, wie in diesem Fall, bestens unterhalten.
Oder aber sie verlieren sich in albernen Eskapaden und platter Gefühlsduselei – womit wir bei „Bella Roma - Liebe auf Italienisch“ wären, der zweiten Kinoarbeit des Dänen Niclas Bendixen. Schon der komplett austauschbare deutsche Verleihtitel stimmt darauf ein, was wir hier zu erwarten haben.
Anlässlich ihres 40. Hochzeitstages zieht es die dänischen Eheleute Gerda (Bodil Jørgensen) und Kristoffer (der auch am Drehbuch beteiligte Kristian Halken) in die Hauptstadt Italiens. Dorthin, wo sie vor vielen Jahren Kunst studierte. Die Reise, ein Geschenk ihrer schwangeren Tochter, steht allerdings von Anfang an unter keinem guten Stern. Denn Kristoffers Koffer ist verschwunden. Ein gefundenes Fressen für den stets etwas flapsigen Ex-Briefträger, der fürs Fliegen ohnehin nur wenig übrig hat.
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Im Hotel angekommen, braucht er erst einmal Zeit zum Ausruhen, während Gerda auf alten Spuren wandelt und dabei offenbar auch schmerzhafte Erinnerungen weckt. Kurz darauf treffen die beiden Urlauber in einem Restaurant auf Gerdas früheren Dozenten Johannes (Rolf Lassgård), der sie zu einer kleinen Privatparty in seine Wohnung einlädt. Die Stimmung ist zunächst ausgelassen. Doch dann bemerkt Kristoffer eine seltsame Vertrautheit zwischen seiner Frau und ihrem früheren Lehrer. Allem Anschein nach haben sie sich damals nicht nur über Kunst ausgetauscht.
Gute Ansätze verschenkt
Nicht wenige Zuschauer dürften nachvollziehen können, was Gerda durchmacht. Die Vergangenheit klopft plötzlich mit aller Macht an die Tür. Erlebnisse sind auf einmal wieder ganz präsent. Und unversehens stellt sie vieles auf den Prüfstand: Ist das noch Liebe zwischen ihr und Kristoffer? Waren sie nicht eigentlich schon immer grundverschieden? Hat die Bequemlichkeit sie womöglich eingelullt? Gerda möchte sich noch einmal so frei fühlen wie in jungen Jahren, glaubt mehr und mehr, dass ihr Mann sie ausbremst.
Die Prämisse des Films ist nicht sonderlich originell, für etwas mehr als 90 Minuten aber tragfähig genug. Was aus „Bella Roma - Liebe auf Italienisch“ hätte werden können, verraten einige stille, präzise beobachtete Momente. Etwa jener, als Kristoffer so sehr darauf hofft, die zu einer Verabredung mit Johannes eilende Gerda möge sich noch einmal zu ihm umdrehen. Seine Verletzlichkeit liegt in dieser Szene blank. Auch dank Kristian Halkens gut abgestimmter Darbietung. Generell kann man den beiden Hauptdarstellern keinen Vorwurf machen. Ständig bemühen sie sich, ihren Figuren Leben einzuhauchen, wobei die Kamera ihnen mitunter fast in dokumentarischem Stil auf die Pelle rückt.
Die besten Schauspielleistungen reichen allerdings oft nicht aus, wenn das Drehbuch qualitativ deutlich hinterherhinkt. Das größte Problem: Irgendwie will sich der Film nicht entscheiden, was genau er sein möchte. Ständig pendelt das Geschehen zwischen großem Ernst und billigem Klamauk hin und her. Schicksalsschläge und aufwühlende Offenbarungen stehen beispielsweise neben einem Pinkelausflug in den Trevi-Brunnen, der Kristoffer in den Knast bringt.
Das überlebensgroße Bild Roms, das opernhafte Image der Stadt am Tiber, die einer einzigen gigantischen Bühne zu gleichen scheint, umarmt die Tragikomödie nur zu gerne. Ins Gewissen redet dem dänischen Ehemann ein als Centurio verkleideter, die Weisheit des Volkes verkörpernder Schausteller (Massimo Cagnina), der dann auch noch mit einem vorbeifahrenden Müllmann die Canzone „La donna è mobile“ aus Giuseppe Verdis „Rigoletto“ schmettert. Auch andernorts greift „Bella Rom - Liebe auf Italienisch“ beherzt in die Klischeekiste.
Allen voran bei Lustmolch Johannes, den „Wallander“-Darsteller Rolf Lassgård zwar mit großem Elan spielt, der aber ständig mit Rom-Plattitüden und Kalendersprüchen um sich wirft. Gegen Ende zieht das Tempo des Films noch einmal an, und es kommt zu einer kleinen Überraschung. Der Eindruck des Belanglosen bleibt dennoch bestehen.
Fazit
Zwischen albernem Lustspiel und handfestem Drama schwankend, findet diese Paartherapie in Rom nicht die richtige Balance.
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