Intrigo: In Liebe Agnes - Kinostart: 10.10.2019

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Nach „Intrigo – Tod eines Autors“ kommen nun mit „Intrigo: Samaria“ ...
 
... und „Intrigo: In Liebe Agnes“ gleichzeitig der zweite und dritte Film basierend auf Håkan Nessers Vorlagen ins Kino. Und Film Nummer Drei wirft viele Fragen auf.
 
Warum?
 
Nachts in einer schönen Wohnung. Eine noch schönere Frau nimmt einen Revolver aus einer Schublade. Sie nähert sich dem Bett indem ihr Mann schläft. Sie richtet die Waffe auf ihn. Weil der Mann sich im Schlaf bewegt, erschießt sie ihn doch nicht.
 
So beginnt „Intrigo: In Liebe Agnes“ und vermittelt uns bereits in der ersten Szene, was uns in den kommenden 98 Minuten erwartet: schöne Orte, schöne Frauen, nichtsahnende Männer, leere Gesten und unmotivierte Handlungen. Nichts in diesem Film ergibt Sinn. Nichts entwickelt sich für den Zuseher nachvollziehbar. Dinge passieren auf der Leinwand. Dann passieren andere Dinge. Abseits der Leinwand mögen weitere Dinge passiert sein. Wer weiß?
 
Die Handlung ergibt einfach keinen Sinn. Nicht bloß, weil die Filmemacher uns Informationen vorenthalten um cleverer zu wirken als sie sind. Denn nachdem die fehlenden Informationen nachgereicht wurden, wird alles nur schlimmer. Henny bietet ihrer alten Freundin Agnes viel Geld, damit diese ihren Ehemann umbringt. Wenn eine bisher unbescholtene, kürzlich verwitwete Hochschulprofessorin in so einen Plan einwilligt um ihr Haus behalten zu können, ergibt das zunächst nicht viel Sinn. Wenn wir später erfahren, was in der Vergangenheit zwischen den beiden Frauen vorgefallen ist, ergibt das noch weniger Sinn. Wenn wir sehr viel später erfahren, welche Pläne Henny und Agnes tatsächlich verfolgen, ergibt alles überhaupt keinen Sinn mehr.
 
Wieso?
 
Aber die Handlung ist nicht nur sinnlos. Sie wird auch furchtbar schlecht erzählt. Die Dialoge sind so hölzern, sie klingen teilweise wie Parodien. Die Frau, die den Mord an ihrem Mann plant, begründet das wörtlich mit: „Er hat eine andere mir vorgezogen. Mir.“. An anderer Stelle erklärt sie den Plan mit mütterlichen Motiven: „Ich glaube sogar, dass es für die Kinder so besser wäre.“. Auf die Frage, warum sie sich nicht einfach scheiden lassen möchte, antwortet sie: „Weil ich tief im Inneren spüre, dass es genau das ist, was er von mir will.“ Tatsächlich? Die Frau spürt doch tatsächlich tief in ihrem Inneren, dass der Mann der längst kein Interesse mehr an ihr hat, lieber geschieden wäre als ermordet? Wie tief musste sie dazu in sich hineinspüren?
 
Die Situationen sind für den Zuseher kaum nachvollziehbar. Wenn der Film versucht Erklärungen zu liefern, sind diese dumm. Agnes muss die Kinder aus einer früheren Ehe ihres verstorbenen Mannes auszahlen, um ihr Haus behalten zu können. Das alte Klischee vom Mann, der es nicht schafft, sein Erbe gerecht zu verteilen, funktioniert hier aber nicht. Der Mann ist an Leukämie und damit nicht plötzlich verstorben. Er hatte Monate, vielleicht Jahre Zeit sein Testament so zu formulieren, dass seine Frau nach seinem Tod keinen Nebenjob als Auftragskillerin übernehmen müsste.
 
Eines der größten Probleme des Films sind aber die beiden weiblichen Hauptfiguren. Man hätte aus Agnes eine starke Frau machen können, die um ihr Erbe kämpft. Tatsächlich weiß man mit dieser Figur zunächst lange Zeit nichts anzufangen, bis man sie dann für eine dumme Egozentrikerin hält um am Ende zu erfahren, nein, sie ist doch eher eine Psychopathin. Henny hätte eine starke Frauenfigur sein können, die einen Ausweg aus einer furchtbaren Ehe sucht. Aber ihr Mann misshandelt sie nicht, er missbraucht sie nicht. Er ist bloß ein herablassender Armleuchter. Würde das als Motiv für Gattenmord reichen, wäre meine Frau längst lebenslänglich eingesperrt. Später erfahren wir, dass der Mann Henny betrügt. Aber auch das ist als Mordmotiv ein bisschen dünn. Erst ganz am Schluss – nach dem langweiligsten Gerangel um eine Schusswaffe, das je im Film gezeigt wurde - kommt dann doch raus, dass auch Henny eine Psychopathin ist.
 
 
Weshalb?
 
Die Hauptfiguren sind furchtbar geschrieben. Die Nebenfiguren zwar auch, aber die Hauptfiguren führen uns durch den ganzen Film. Umso schlimmer, wenn sie von zwei weitgehend talentfreien Darstellerinnen verkörpert werden.
 
Carla Juri kennt man vielleicht aus der Verfilmung von Charlotte Roches „Feuchtgebiete“. Es hat mir damals nicht leidgetan, diesen Film verpasst zu haben. Nachdem ich Frau Juri hier als Agnes sehen durfte, bin ich sogar froh darüber. Selten hat eine Schauspielerin so gar keine Wirkung auf der Leinwand entfaltet. In der in der Gegenwart spielenden Haupthandlung wirkt sie hölzern. In den Rückblenden, die Agnes als Studentin zeigen, wirkt sie wie eine sehr dumme Zwölfjährige. Die Szenen in denen Agnes die Cordelia aus „König Lear“ einstudiert, sind schmerzhaft anzusehen. Ich hätte ihr nicht einmal den Part der Goneril angeboten.
 
Gemma Chan ist eine überaus attraktive Darstellerin, die in so unterschiedlichen Filmen wie „Captain Marvel“ und „Maria Stuart“ keinerlei Eindruck hinterlassen hat. Sie wirkt als Trophy-Wife ebenso hölzern wie Ihre Partnerin. In den Rückblenden spielt sie nicht anders als in der Haupthandlung und wirkt damit – vor allem im Vergleich zu ihrer kindisch aufspielenden Partnerin - viel zu alt. Weil sie den Ton ihrer Darstellung während des ganzen Films nicht wesentlich verändert, wirkt ihre Wandlung zum eiskalten Racheengel und dann zur Psychopathin noch weniger stimmig als bei … nein, das alles ergibt bei beiden Figuren einfach gar keinen Sinn.
 
Ein paar mäßig begabte Schauspieler sind in klischeehaften Nebenrollen zu sehen. Aber wenn diese Figuren den Filmemachern schon nicht wichtig genug waren, die Rollen halbwegs interessant zu gestalten, müssen wir unsere Zeit auch nicht mit ihnen verschwenden.
 
 
Fazit
 
Letztes Jahr wollte niemand den ersten Film dieser Reihe im Kino sehen. Nun kommen die Filme Nummer Zwei und Drei ins Kino. Und wo Nummer Zwei bloß sehr langweilig war, ist Nummer Drei sehr langweilig, sinnlos und sehr schlecht gespielt. Vielleicht muss die abschließende Frage also lauten, wozu?
 
 
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Weitere Informationen

  • Autor:in: Walter Hummer
  • Regie: Daniel Alfredson
  • Drehbuch: Thomas Peter Friedl
  • Besetzung: Carla Juri, Gemma Chan