Es gibt Filme, die selbst die größten Filmfans, selbst die begeistertsten Cineasten...
... überfordern und uns unverständlich bleiben …
System failure
Wenn ich einen Film oder Teile eines Films nicht verstehe, kann ich das zugeben. Bis vor kurzem war es aber schon eine Weile her, dass sich mir ein Film nicht erschlossen hat. Erst kürzlich habe ich berichtet, im Alter von Zwölf Jahren „2001: A Space Odyssey“ nicht auf Anhieb verstanden zu haben. Meine erste solche Erfahrung liegt noch weiter zurück.
Als Grundschüler hatte ich „Die Spur des Falken“ gesehen und konnte einfach nicht verstehen, warum Humphrey Bogart die arme Mary Astor der Polizei übergeben musste. Erst einige Wochen vorher hatte er sich noch so rührend um die junge Audrey Hepburn gekümmert und nun das? Obwohl ich diesen Film damals nicht verstehen konnte, hat er mich trotzdem fasziniert. Ich hatte zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, dass nicht alle Filme gleich ablaufen und manche Filme einen beschäftigen können. Um einen anderen Film mit Bogart zu paraphrasieren, „Das war der Beginn einer wunderbaren Leidenschaft“.
Ein paar Jahrzehnte später kann ich zugeben, ich verstehe „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ nicht. Ich verstehe nichts daran. Keinen Teil. Ich verstehe diesen Film von vorne bis hinten nicht. Ich verstehe diesen Film einfach nicht.
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https://cinepreview.de/index.php/item/1164-jurassic-world-die-wiedergeburt-kinostart-02-07-2025#sigProId99ec01ee10
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Ich verstehe nicht einmal den Titel. Hier wird genau gar nix wiedergeboren. Tatsächlich ist ein wichtiges Handlungselement das Sterben. Nicht nur das der Dinosaurier, die plötzlich fast überall auf der Erde wieder aussterben. Nein auch das Sterben der Menschen ist ein wichtiger Teil dessen, was Drehbuchautor David Koepp dem Studio hier als „Handlung“ verkauft hat. Dieser David Koepp hat die Drehbücher zu einigen großartigen Filmen wie „Der Tod steht ihr gut“, „Carlitos Way“ und dem allersten „Jurassic Park“ verfasst. In letzter Zeit hat er Drehbücher zu Filmen wie „Inferno“ oder „Indiana Jones und die saublöde Zeitreise“ verfasst. Okay, wir werden alle nicht jünger und wir bauen im Alter alle ab, aber das hier verstehe ich nicht.
Abgesehen vom dümmsten Filmtitel seit „The Matrix gibt eine Runde Auferstehungen für alle aus“ verstehe ich rein gar nichts von dem, was David Koepp dem Studio da hingeschmiert hat. Irgendwie muss ein Pharmakonzern zu einer fernen Insel, um den größten Saurierarten, die dort kreuchen, fleuchen und schwimmen, Blutproben abzunehmen, um damit Impfstoffe zu erzeugen, die einfach alles heilen können, woran Menschen leiden und/oder sterben können. Von Keuchhusten, Diabetes, Abstehohren, Senkfüßen bis zu Herzleiden, Kuru, Veitstanz und dem Tod durch Langeweile beim Betrachten von „Jurassic World: Die Wiedergeburt“, … all das sollen Impfstoffe aus Dinoblut heilen können. Die Erklärung dafür habe ich nicht verstanden.
Ich habe auch nicht verstanden, warum man Sauropoden auf der gefährlichsten Insel in der gefährlichsten, weil nur von Dinos bewohnten Gegend der Welt Blut entnehmen muss, wenn man zu Beginn des Films genauso einen Sauropoden in New York City gesehen hat. Ich habe nicht verstanden, warum man die Blutprobe nicht von einem lebenden Quetzalcoatlus (einem der größten Flugsaurier aller Zeiten) entnehmen durfte und stattdessen seine Eier im Nest anzapfen musste. Vor die Wahl gestellt, ob ich einem fliegenden Räuber von der Größe eines Sportflugzeugs aus der Entfernung mit einem Gewehr eine Nadel in die Haut schieße und darauf warte, dass diese sich nach wenigen Sekunden von selbst wieder löst oder ob ich mich an seiner Brut zu schaffen machen, wüsste ich schon, wie ich mich entscheiden würde.
Ich habe nicht verstanden, warum ein Hobbysegler mit seinen Töchtern in bekanntermaßen Dino-verseuchten Gewässern herumkreuzt. Ich habe nicht einmal verstanden, warum diese Figuren überhaupt im Film vorkommen, außer um alte Szenen aus den früheren Filmen nachzustellen, nur eben diesmal noch etwas doofer. Ich habe auch nicht verstanden, wer die plumpe Kapitalismuskritik im 7. (in Worten: siebten) Film einer Erfolgsserie, zu dem es wieder Spielzeug, T-Shirts, Popcorn-Becher und sonstiges Merchandising gibt, ernst nehmen soll.
Ich habe überhaupt nicht verstanden, warum wir irgendwelches Interesse an irgendeiner der menschlichen Figuren haben sollten. Keine dieser Figuren wird uns jemals sympathisch. Keine dieser Figuren entwickelt sich während dieses Films jemals zu etwas, das mehr als ein bloßes Handlungselement wäre. Und ganz sicher habe ich nicht verstanden, was die zwei oder drei Dialogszenen sollten, die wie nachträgliche Einfälle wirken und in denen sich einige wenige Figuren schnell sowas ähnliches wie Details aus ihrem Leben erzählen. Keine Ahnung, was das alles sollte.
Ich habe auch nicht verstanden, warum man den Dinos dieses Drehbuch zu lesen gegeben hat. Denn dass man den Dinos dieses Drehbuch zu lesen gegeben hat, daran kann nicht der geringste Zweifel bestehen. Dinos kommen und gehen und agieren während des ganzen Films immer so, wie es das Drehbuch gerade braucht. Egal ob der aggressive Mosasaurier plötzlich seinen Angriff einstellt oder ob ein gigantischer Flugsaurier eine der menschlichen Figuren vor einem Raptoren rettet, obwohl er den Menschen gar nicht kennt oder ob Spinosaurier weit draußen auf dem offenen Meer ihr Unwesen treiben, … irgendwer hat sämtlichen Dinos dieses Drehbuch zu lesen gegeben.
Stand by me
Aber nicht nur das Drehbuch bleibt unverständlich. Auch die Regie von Gareth Edwards gibt Rätsel auf. Warum kann der Mann, der 2010 mit einem Budget von gerade mal einer halben Million Dollar einen intelligenten, spannenden Film wie „Monster“ gedreht hat, mit der vierhundertfachen Summe keinerlei Spannung erzeugen? Ich verstehe nicht, warum in „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ so wenig passiert. Und ich verstehe nicht, warum das wenige, das im Film passiert, entweder längst vertraut wirkt (ein Saurier wird mit einer Fackel abgelenkt) oder keinen Sinn ergibt (ein T-Rex kann einem Schlauchboot keinen Schaden zufügen) oder einfach langweilig wirkt, wie das Auftauchen eines neuen Mutanten-Dinos.
Im Trailer zum Film war ganz kurz der neue Mutanten-Dino zu sehen. Dieser wird im Film D-Rex genannt. Ich habe mich schlau gemacht, „D-Rex“ steht für „Distortus-Rex“ (=verzerrter oder verwachsener Herrscher). Dieser „D-Rex“ ist riesig, sieht aus als hätte ihn H.R. Giger im Vollsuff entworfen und kann … eigentlich nicht viel. Er ist langsam, nicht besonders schlau (der alte Trick mit der Fackel funktioniert bei ihm auch nach über dreißig Jahren) und niemand, der den Film gesehen hat, kann verstehen, warum der Trailer, die Filmemacher und die Figuren im Film so ein Bohei um dieses Vieh machen.
Ich verstehe nach wie vor nicht, warum man ganz offensichtlich an den computergenerierten Bildern gespart hat. An mehr als einer Stelle des Films wirken die Dinos nicht wie ein homogener Teil des Bilds. Die letzten drei Filme der Serie waren alle keine Meisterwerke. Aber nachdem wir Dinos glaubwürdig über verschneite Prärien galoppieren gesehen haben, ist es unverständlich, warum wir sie im neuen Film mehr als einmal nicht besonders überzeugend durchs Bild staksen oder tauchen sehen.
Mir ist komplett unklar, warum man eine hochkarätige und sicher nicht billige Besetzung verpflichtet hat und dieser dann rein gar nichts interessantes zu tun gegeben hat. Warum man Könner wie Rupert Friend („Companion“) als böses Klischee, Jonathan Bailey („Wicked“) als nettes Klischee, Oscar-Preisträger Mahershala Ali („Green Book“) als Klischee irgendwo in der Mitte und den armen Ed Skrein als bloßes Dinofutter verpflichtet hat, kann ich beim besten Willen nicht verstehen.
Scarlett Johansson hat im Lauf ihrer Karriere mehr miese Filme als gelungene gedreht. Und sie hat es nicht immer geschafft, auch in ihren schwächeren Filmen durchgehend sympathisch zu wirken. Warum sie in „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ unsympathischer als der „D-Rex“ wirkt, erschließt sich mir trotzdem nicht.
Fazit
Vieles an „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ ist unverständlich. Komplett unverständlich ist, warum man diesen Film in absolut jeder Hinsicht schlechter gemacht hat als irgendeinen seiner Vorgänger.
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