Maria Magdalena ist eine der interessantesten und umstrittensten Gestalten des neuen ...
... Testaments. Regisseur Garth Davis wollte wohl einen Film über eine starke Frau und ihre Geschichte vor dem Hintergrund der christlichen Lehre machen. Leider ist ihm das kaum gelungen.
„Maria, genannt Magdalena, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren ...“
Über Maria Magdalena streiten sich die Religionswissenschaftler seit bald zweitausend Jahren. Sicher ist bloß, laut Bibel ist sie Jesus gefolgt und war eine der ersten, die ihn nach der Auferstehung sahen. Aber schon Papst Gregor brachte im 6. Jahrhundert alles durcheinander, als er sie mit der fusswaschenden Sünderin gleichsetzte. Seither ranken sich viele Legenden um diese Frau.
Der Film beginnt mit einem starken Bild. Maria Magdalena schwebt im klaren Wasser eines Sees. Doch schon in der nächsten Szene wird der Film arg konventionell. Wir sehen tatsächlich die Zeitangabe „33 A.D.“ eingeblendet.
Maria (Rooney Mara) wird uns als starke, für ihre Zeit zu selbstständige Frau gezeigt. Aber dabei stellen sich die Filmemacher recht ungeschickt an. Als Maria bei einer schwierigen Geburt hilft, hört man nach einer Presswehe bereits das Kind schreien.
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An anderer Stelle wird ein Exorzismus an ihr vorgenommen, aber es wirkt eher so als wolle ihr Bruder sie mittels „waterboarding“ foltern. Wenn Maria sich kurz danach Jesus und seinen Jüngern anschließt, wirkt das nun nicht mehr wie die mutige Entscheidung einer modernen Frau. Es sieht eher so aus, als würde sie einfach vor weiterer Gewalt durch ihren Bruder fliehen.
Marias Verehrung für Jesus zeigt sich zunächst, wenn sie ihn in mehreren Szenen mit einem Blick ansieht, der vor allem verliebt wirkt. Aber das kann ja wohl nicht alles gewesen sein. Jesus wird hier übrigens von Joaquin Phoenix dargestellt. Gottes Sohn darzustellen ist sicher kein einfacher Job, weil man ja eben sowohl den Gott als auch den Menschen darstellen muss. Phoenix hat eine eigenartige Rollenauffassung. Dabei hilft ihm auch das Drehbuch nicht. Während seiner ersten Predigt reagiert er schnell ungeduldig auf Fragen. Nach Bibelstellen, in denen Jesus so angepisst reagiert wie hier, muss man aber sich lange suchen.
Die Dialogzeilen des Heilands in diesem Film wirken auch in anderen Szenen oft konfus. Selbst wenn auf die Originaltexte zurückgegriffen wird, klingt das meistens holprig. Von der Bergpredigt, immerhin die Grundlage der christlichen Lehre, hören wir eine Art Remix-Version. Auch die Regie hat Mühe mit den Szenen des Erlösers. Die erste Wunderheilung erkennt jeder der in der Grundschule im Religionsunterricht aufgepasst hat, als Heilung einer Blinden. Diese Szene ist aber sehr unbeholfen gestaltet. Es wirkt tatsächlich als würde Jesus einen schlimmen Fall von Schielen heilen. Bei der Auferstehung des Lazarus meint man, Jesus müsste sich für seine Wunder körperlich verausgaben.
Natürlich darf jeder die Bibel deuten wie er mag. Aber wie kamen die Filmemacher darauf, Simon Petrus und Maria einander auf einer gemeinsamen Mission näher kommen zu lassen, um ihn dann nach der Auferstehung immer noch als eifersüchtig darzustellen? Auch an anderen Stellen muss man sich fragen, ist das noch künstlerische Interpretation oder einfach nur Unkenntnis der Vorlage? Besonders schlimm wird es gegen Ende, als Maria das Grab Jesus verschließt, anschließend vor dem Grab einschläft und Jesus am nächsten Morgen auferstanden vor ihr steht. Man muss doch nicht Theologie studiert haben, um zu wissen, dass Jesus nicht eine sondern zwei Nächte in seinem Grab gelegen hat.
„Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem anderen Jünger …“
Rooney Mara hat bereits in „Carol“ gezeigt, dass sie eine junge Frau spielen kann, die auf einer Reise eine Entwicklung zu einer starken, selbstständigen Persönlichkeit durchmacht. Hier geben ihr Regie und Drehbuch kaum eine Chance. Irgendwann gegen Ende ist sie plötzlich die Nachfolgerin des Messias. So einfach geht das in diesem Film.
Zu Joaquin Phoenix passt eine wunderbare Geschichte, die der große Otto Schenk über seine Anfänge als Schauspielschüler erzählt. Als er seinem Professor den Monolog aus „Hamlet“ vorgetragen hatte, erklärte dieser: „Lieber Herr Schenk, man kann den „Hamlet“ spielen: gehend, sitzend, auf dem Rücken liegend, verhetzt, gemessen, laut, leise, philosophisch, nervös – man kann ihn spielen als Renaissancemensch, im modernen Gewand, als potentiellen Selbstmörder, man kann ihn spielen keuchend, mit kurzem Atem, eloquent, mit messerscharfer Rede. So wie sie ihn gespielt haben, kann man ihn nicht spielen.“
Chiwetel Ejifor („12 Years a Slave“) spielt den Simon Petrus unbelehrbar und frauenfeindlich. Er wirkt weniger wie ein Apostel als eher wie ein Mitglied der Volksfront von Judäa. Oder auch der judäischen Volksfront.
Judas wurde früher meistens als ruchloser Verräter dargestellt. In jüngster Zeit nimmt man an, er habe durch seinen Verrat bloß eine Entwicklung beschleunigen und Jesus zum Handeln bewegen wollen. Tahar Rahim spielt Judas als etwas einfältigen religiösen Eiferer.
Fazit
Die Zeit wäre reif für einen Film der die Geschichte einer starken, selbstständigen Frau vor religiösem Hintergrund erzählt. „Maria Magdalena“ ist leider nicht dieser Film.
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