Neues Heim, Glück allein? Nicht im Horrorgenre, wo der Umzug in ein anderes ...
... Haus stets Angst und Schrecken produziert. So auch in Lori Evans Taylors Gruselthriller „Bed Rest“, der so gerne etwas Substanzielles über Mutterschaft und weibliches Empfinden sagen würde.
Ans Bett gefesselt
Schwingt sich da etwa jemand zu einer neuen Horrorinstitution auf? Ganz so weit ist es noch nicht. Und doch hat sich die Mexikanerin Melissa Barrera bereits in einer Genrekultreihe bewährt. Der 2022 veröffentlichte Slasher-Streifen „Scream“ und dessen Fortsetzung „Scream 6“ zeigen sie als neue Protagonistin, die es mit neuen Ghostface-Killern aufnehmen muss. Schaurig und spannend soll es auch in „Bed Rest“ zugehen, einem Spukhausthriller, den Barrera als Produzentin mit auf den Weg gebracht hat und als Hauptdarstellerin zu schultern versucht. Das Bemühen mag man ihr gar nicht absprechen. Drehbuch und Inszenierung lassen ihr jedoch keine Chance, wirklich aufzutrumpfen. Von generisch bis lachhaft ist hier alles dabei.
Schon der Einstieg – siehe oben – lässt eine Geschichte aus dem Setzkasten vermuten: Die schwangere Julie Rivers (Barrera) und ihre Gatte Daniel (Guy Burnet) richten sich in ihrem neuen Traumhaus ein, kämpfen allerdings, noch bevor sie wirklich angekommen sind, mit Problemen bei der Renovierung. Der Hinweis, dass die Vorbesitzerin schwer erkrankt sei, sollte eigentlich schon die Alarmglocken schrillen lassen. Da Julie und Daniel natürlich aber nicht wissen, dass sie Figuren in einem Gruselthriller sind, freuen sie sich fürs Erste auf ihr baldiges Familienglück.
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Im Hintergrund lauert indes, wie soll es anders sein, ein Trauma, das die Eheleute auf eine Zerreißprobe stellen wird. Vor nicht allzu langer Zeit erlitt Julie eine Fehlgeburt, die besonders ihr noch immer ziemlich nahegeht. Im Hier und Jetzt verordnet ihr der Arzt nach einem Treppensturz bis zur Entbindung rigorose Bettruhe. Und die werdende Mutter glaubt plötzlich, einen Jungen zu sehen, der ihr verstorbener Sohn sein könnte.
Klischees im Überfluss
Vollkommen klar, ein Horrorfilm kann und muss das Rad nicht neu erfinden. Starke, unter die Haut gehende Schauerstücke unterscheiden sich von monotonen Heulern aber häufig dadurch, wie geschickt sie bestens vertraute Elemente anordnen und kombinieren. „Bed Rest“ ermuntert den Zuschauer bereits nach einer Viertelstunde, einen Stift zu zücken und alle Standardsituation und Klischees festzuhalten. Die Liste würde, so viel sei verraten, beachtlich lang werden. Das unheimlich in Szene gesetzte Kind, Flüsterstimmen, ein Ball, der sich wie von Geisterhand bewegt, eine krachende Tonspur, Menschen aus dem engsten Umfeld der Hauptfigur, die ihre Zurechnungsfähigkeit bezweifeln – all dies und noch vieles mehr wird von Drehbuchautorin und Regisseurin Lori Evans Taylor ohne Anflüge von Raffinesse verbraten.
Zu den wenigen Lichtblicken gehört der zweckentfremdete Einsatz eines Saugroboters und – Achtung, kleiner Spoiler! – der Einfall, das Haustier einmal nicht in Gras beißen zu lassen. Für den Gesamteindruck sind diese Punkte aber unerheblich. Zu ernüchternd ist das uninspirierte Aneinanderreihen noch so ausgelutschter Konventionen. Die Grenze zur unfreiwilligen Komik reißt „Bed Rest“ im Finale ein, das in seiner Mischung aus markiger Konfrontation und Eso-Kitsch nicht mehr ernst zu nehmen ist.
Taylor möchte ihre Geschichte offenkundig auch als kritischen Kommentar auf den Umgang mit schwangeren Frauen verstanden wissen. Ein eigentlich spannender Ansatz, bekommen viele angehende Mütter doch zu hören und zu spüren, dass sie hochsensibel seien, in manchen Momenten zu Übertreibung neigen würden. Daniel glaubt, genau zu wissen, was für Julie das Beste ist, hält ihre Berichte über den kleinen Jungen für Hirngespinste, Nachwehen ihres Traumas und versagt ihr die Unterstützung, die sie gerade jetzt dringend bräuchte.
Inmitten all des uninspiriert abgespulten Horroreinmaleins kommt der thematische Unterbau des Drehbuchs allerdings nie richtig zum Tragen. Wirklich schade, denn dass es anders geht, hat etwa die im April 2023 veröffentlichte Prime-Video-Serie „Dead Ringers“ auf packende Weise bewiesen. Spannende Unterhaltung und gewichtige Aussagen über Mutterschaft, den weiblichen Körper und die Bevormundung von Frauen lassen sich wunderbar miteinander verbinden.
Fazit
Wenig bis kein Esprit, dafür umso mehr plumpes Spukhausgeklapper! Wie soll echtes Gruseln und Mitfiebern da funktionieren?
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