Emoji - Der Film

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Emoji - der Film ist bunt, schrill und voller absurder Momente. Das einzige was ihm wirklich fehlt, ...
 
... sind echte Emotionen. Das scheint paradox, ist aber im Grunde sehr passend.
 
Von einem kleinen Jungen der dazugehören wollte
 
In der Welt der Emojis geht es darum, einen der begehrten Plätze in der Box zu bekommen. Diese Box ist nichts anderes als die Symbolleiste in einem Handy. Jedes Mal wenn sein Nutzer zum Beispiel ein Smiley verschickt, wird das entsprechende Emoji in der Box gescannt und dann via App verschickt. Um diesen Job richtig zu machen, muss ein Emoji jederzeit seine entsprechende Emotion auf Knopfdruck zeigen können. Doch genau das fällt Gene schwer, da er wegen eines genetischen Defekts alle Gefühle frei auslebt. Als sein großer Tag gekommen ist, und er das erste Mal aktiviert wird, ist die Katastrophe vorprogrammiert.
 
Der Scan schlägt fehl und der Besitzer des Handys, selbst ein kleiner Junge, verschickt seinem heimlichen Schwarm ein Smiley, dass er gar nicht verschicken wollte. Daraufhin denkt er sein Handy sei kaputt und will die Software neu installieren lassen, was natürlich auch den Tod für Textopolis, die Welt der Emojis bedeutet. Auch Gene sieht der Vernichtung ins Auge, allerdings in erster Linie durch die fiesen Suchrobots, die ihn deaktivieren sollen, da er nun als nicht-funktional gilt und damit ein Störfaktor in der Software des Handys darstellt. Auf seiner Flucht quer durch die verschiedenen Apps des Handys hilft ihm das unbeliebte Hi-5 Emoji und die mysteriöse Jailbreak. Ihr Ziel ist die Cloud, eine Art paradiesischer Zufluchtsort, geschützt durch eine fiese Firewall.
 
Werden sie es durch die Firewall schaffen, bevor die Löschroboter sie finden? Wird das ganze Handy komplett neu aufgesetzt? Soweit die Dramaturgie des Filmes, der eine klassische Hollywood-Story erzählt, in der die Hauptdarsteller nun ja, Emojis sind. Es ist wahrscheinlich, das diese Geschichte für das Kino zugespitzt wurde um einen Spannungsbogen zu bieten, die meisten Emojis führen wohl ein eher beschauliches Dasein in den Speichern unserer Handys und sind nicht tagtäglich solchen Gefahren ausgesetzt. Doch trotzdem wurde es Zeit, dass jemand die Arbeitsbedingungen dieser meist stillen Alltagsbegleiter einmal genauer unter die Lupe nimmt.
 
Viel Zeitgeist macht einen Film nicht geistreich
 
Es ist offensichtlich, dass Sony Pictures sich ganz genau angeschaut hat, wie zum Beispiel Pixar mit Alles steht Kopf ein überraschender Blockbuster gelungen ist, mit einer Story die bei der Ankündigung eher für Kopfschütteln sorgte. Mit diesem Film über das Innenleben unserer Handys sollte nun ein ähnliches Highlight geschaffen werden. Kleine Wesen, die Emotionen darstellen und dabei selbst emotional in die Klemme geraten. Leider geht dieser Plan nicht auf. Vielmehr wirkt die Handlung über weite Strecken forciert und eben emotionslos. Es fehlt zudem an authentischen Momenten und nachvollziehbaren Motivationen für die einzelnen Figuren.
 
 
Viele Leinwandminuten werden verschwendet um zeitgemäße Anspielungen unterzubringen, den Vogel von Twitter, sogar Katzenvideos als ultimative emotionale Allzweckwaffe werden bemüht. Dahingegen werden die eigentlich emotionalen Momente eher an den Rand gedrängt. Die Eltern-Sohn-Beziehung zum Beispiel bleibt sehr vage, die Freundschaft/Liebesgeschichte zwischen Gene und Jailbreak bekommt wenig Raum und selbst die charakterliche Entwicklung von Hi-5 ist sehr hölzern erzählt. Nicht einmal das Ende befriedigt wirklich, obwohl natürlich die Freiheit, der Individualismus siegt, hurra, bleibt die große Frage, ob Gene nun nicht alle anderen Emojis arbeitslos macht, mit seiner Fähigkeit, alle Ausdrücke auf seinem Gesicht zu darstellen zu können.
 
The Lego Movie hatte eine sehr ähnlich gelagerte Geschichte, doch dort wurde durch die große Auflösung am Ende ein sehr realer Bezug zum Zuschauer geschaffen. Die neue Handlungsebene hat den Film und seine über weite Strecken forcierte Erzählweise in ein völlig neues Licht gerückt.
 
Auch Columbia Pictures hat mit dem Film Pixels bereits die Erfahrung gemacht, dass es nicht reicht, eine gute Prämisse zu haben, oder ein scheinbar populäres Thema. Es sind zum Schluss eben doch die kleinen emotionalen Zwischentöne, die liebevoll geschriebenen Charaktere und die Fähigkeit eine gute und spannungsreiche Geschichte zu erzählen, die einen Film erfolgreich machen.
 
Wieder mal ein klarer Fall für den Reset-Button
 
Die Welt der Emojis hingegen ist nicht sehr durchdacht. Sie versucht einerseits technisch akkurat zu sein, die Details wie der wiederholte Scanvorgang und die einzelnen Boxen wirken bereits auf den ersten Blick seltsam kleinteilig und unnötig kompliziert. Gleichzeitig wird aber bei vielen wichtigen Momenten nicht darauf geachtet, ob das technisch möglich, oder zumindest inhaltlich sinnvoll ist. Wo sind zum Beispiel die ganzen Textzeichen in Textopolis? Warum können Emojis in die Cloud flüchten? Und wie kann ein Emoji ein Handy hacken? Viele dieser Ungereimtheiten führen zu einer Story, die über weite Strecken nur schrill und unglaubwürdig wirkt.
 
Wenn man sich solche Fragen im Kinosessel überhaupt stellt, zeigt das schon, dass man als Zuschauer emotional nicht richtig dabei ist. Es fehlt diesem Film vor allem an Poesie und dichterischer Freiheit, was man im direkten Vergleich zu Alles steht Kopf sehr gut analysieren kann. Auf der einen Seite wird eine fantastische Welt eingeführt, die als Projektionsfläche dient, um eine gute Geschichte zu erzählen, mit liebevoll geformten Charakteren. Auf der anderen Seite werden alle Emojis irgendwie mal über die Leinwand geschickt und dann nahezu kommentarlos neben allerlei andere Internetphänomene gestellt. Es wäre sinnvoll bei diesem Film vielleicht eine Neuinstallation zu versuchen.
 
 
Fazit
 
Es ist nicht auszuschließen, dass handysüchtige Teenager diesen Film großartig finden. Aber für alle anderen ist es reine Zeitverschwendung. An dieser Stelle könnte ein gelangweilter Smiley stehen.
 
 
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Weitere Informationen

  • Autor:in: Sascha Fersch
  • Regie: Tony Leondis
  • Drehbuch: Tony Leondis
  • Besetzung: T. J. Miller, James Corden