Gabby´s Dollhouse: Der Film - Kinostart: 09.10.2025

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Wenn Filme nur eine einzige demografische Gruppe ansprechen, ist der ...
 
... potentielle Erfolg natürlich begrenzt. Zum Glück gibt es für „Gabby’s Dollhouse: Der Film“ gleich zwei verschiedene potentielle Zielgruppen …
 
A pinch on my left, ..
 
Ich zitiere mal die Einladung zur Pressevorführung: „Mit GABBY’S DOLLHOUSE: DER FILM bringt DreamWorks Animation die weltweit erfolgreiche Serie für ein erstes, miaufregendes Kinoabenteuer endlich auf die Leinwand. Dabei erlebt Gabby (Laila Lockhart Kraner) ein katztastisches Abenteuer: Bei einem Roadtrip mit ihrer Großmutter Gigi (Gloria Estefan) in Richtung Katz Francisco gerät ihr über alles geliebtes, kunterbuntes Puppenhaus in die Pfoten der exzentrischen Katzenliebhaberin Vera (die Oscar®-nominierte Kristen Wiig). Schnell muss Gabby all ihre cleveren Kätzchen zusammentrommeln, um mit Hilfe der kleinen Freunde ihren kostbarsten Besitz zu retten.“
 
Sagt dieser Text irgendeiner/irgendeinem unserer Leser*innen irgendetwas? Ich meine, klar, natürlich können wir alle lesen. Und natürlich verstehen wir eine ausreichend große Anzahl der Wörter dieses Textes. Aber ich vermute mal, den meisten Lesern geht es ähnlich wie es mir ging, als ich den Text zum ersten Mal gelesen habe und sie stellen sich Fragen wie: Welche „weltweit erfolgreiche Serie“? Was ist „katztastisch“? Wo ist „Katz Francisco“? Wo spielt Kristen Wiig hier wieder mit? Habe ich irgendwann in meinem bisherigen Leben die Wörter „Gabby“ und „Dollhouse“ in Kombination wahrgenommen? Und ganz allgemein, was soll das alles?
 
Mittlerweile habe ich den Film gesehen, sonst dürfte ich keine Rezension darüber schreiben. Der Chefredakteur von cinepreview.de meint übrigens, das sei eine Bedingung, von der er nicht abgehen könne. Ich weiß das so genau, weil ich bei verschiedenen Gelegenheiten nachgefragt habe (Ich finde immer noch, ich hätte mich nicht durch „Die Schule der magischen Tiere 4“ quälen müssen, um darüber schreiben zu dürfen). Aber „Gabby’s Dollhouse: Der Film“ gesehen zu haben, hat mir und meiner Verwirrung nur wenig geholfen und nur weitere Fragen aufgeworfen. Daher kurz zu den Fakten, soweit ich sie recherchieren konnte.
 
„Gabby’s Dollhouse“ ist tatsächlich eine erfolgreiche Fernsehserie. Die Formulierung „weltweit erfolgreich“ ist ein wenig übertrieben, weil die Fernsehserie zu dem Zeitpunkt da ich diese Zeilen verfasse (Anfang September), im deutschsprachigen Raum gerade erst anläuft. Der Film soll Anfang Oktober anlaufen. Die Serie hat also gerade mal einen Monat Zeit, kleine Mädchen zwischen fünf und neun Jahren ausreichend zu begeistern, damit diese ihre Eltern in den Film schleppen. Selbst wenn das funktionieren sollte, bleibt die potentielle Zielgruppe dieses Films, dessen Herstellung sicher einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet hat, doch überschaubar. Aber nachdem ich den Film gesehen habe, kann ich eine zweite demografische Gruppe nennen, die sich für diesen Film begeistern könnte. Und das wären Kiffer und Konsumenten verschiedener (aber nicht aller) anderer Drogen.
 
Ich selbst gehöre zu keiner der beiden Bevölkerungsgruppen. Ich war nie ein kleines Mädchen und meine wenigen bescheidenen Drogenexperimente liegen mehr als dreißig Jahre zurück. Ich erinnere mich unklar daran, nach einem dieser Experimente spätnachts ein kleines Vermögen in einem McDonalds-Restaurant gelassen zu haben. Ach ja, es stimmt schon, mit dem Sommer flieht manch Jugendtraum. Möcht einmal noch wie damals kosen. Möcht vom Frühling träumen und vom Glück. Auf der Heide blüh'n die letzten Rosen. Ach, die Jugendzeit kehrt nie zurück …
 
Aber ich schweife ab. Wo war ich? Bei kleinen Mädchen und Kiffern, genau! Auch wenn ich weder das eine noch das andere bin, kann ich den möglichen Reiz, den dieser Film auf diese beiden möglichen Zielgruppen ausüben könnte, durchaus nachvollziehen. Der Film ist bunt, alles ist nett und bunt und lieb und bunt und fröhlich und bunt und nett und durchaus auch bunt und es gibt Lieder und viel Buntes und am Ende geht alles gut aus und bleibt auch bunt. Sowas kann Mädchen im Grundschulalter durchaus ansprechen. Und der Film ist bunt und komplett durchgeknallt und das kann Kiffer durchaus ansprechen.
 
Pinch, pinch on my right
 
Im Ernst, für jeden Zuseher, der kein kleines Mädchen und mit der Serie vertraut ist, kann dieser Film nur komplett durchgeknallt wirken. Und wenn ich „komplett durchgeknallt“ schreibe, meine ich KOMPLETT DURCHGEKNALLT. Das beginnt bereits in der ersten Szene mit der Hauptfigur. Dank meiner Recherchen weiß ich mittlerweile, Laila Lockhart Kraner, die Darstellerin der „Gabby“ ist erst 17 Jahre alt und hat die Titelfigur bereits in der Fernsehserie gespielt. Das ändert nichts daran, dass sie wie Mitte Zwanzig aussieht. Wenn man also unvorbereitet in diesen Film geht, meint man eine erwachsene Frau zu sehen, die wie ein etwas doofes kleines Mädchen spricht und davon erzählt, wie sie ihre Spielzeugkätzchen in ihrem Puppenhaus besucht und das alles DIREKT IN DIE KAMERA!
 
Ich dachte zuerst, das wäre bloß ein Gag. Aber als eine für mich erwachsen wirkende Frau mir in Kleinmädchenstimme erklärte, heute sei ein “echt katztastischer Tag“ und sie müsse nur die künstlichen Kätzchenohren auf ihrem Haarreif drücken und ihr Stofftier festhalten, um ihre Kätzchen im Puppenhaus besuchen zu können, war mir ein wenig unheimlich zumute. An der Stelle hätte diese Gabby durchaus auch eine Serienkillerin sein können, die ihre Püppchen aus den Beckenknochen ihrer Opfer schnitzt.
 
Nach wenigen Minuten lässt Computeranimation die Kätzchen im Film tatsächlich zum Leben erwachen, aber das hätte an der Stelle auch noch eine Wahnvorstellung der Serienkillerin sein können. Das Puppenhaus und die Kätzchen sind übrigens eine Erfindung von Gabbys Oma, die aus irgendeinem Grund von Gloria Estefan gespielt wird. Dass die langjährige Leadsängerin der „Miami Sound Machine“ kurz darauf tatsächlich in einem VW-Bus auftaucht, konnte meinen Verdacht auch noch nicht zerstreuen, sah der VW-Bus doch aus wie der, mit dem die Familie in „Little Miss Sunshine“ unterwegs war. Sollte die Interpretin unsterblicher Hits wie „Dr. Beat“ und „Conga“ die arme Abigail Breslin und ihre Familie ermordet und im Straßengraben zurückgelassen haben?
 
Das Kennzeichen von Omas VW Bus im Film lautet übrigens „KITTY WAGN“ und nein, das habe ich mir nicht ausgedacht. Daher finde ich, man kann mir wirklich keinen Vorwurf machen, wenn ich sofort an den „Pussy Wagon“ aus „Kill Bill“ denken musste. Sollte die Sängerin von „Bad Boy“ und „Anything for You“ ihre Enkelin auf einen brutalen Rachefeldzug mitnehmen? Würden bald Hattori Hanzō-Schwerter gekreuzt werden? Leider nein. Eines der Kätzchen weint bunte Streusel, der VW Bus erreicht „Katz Francisco“ über eine Pink Gate Bridge, Gabby quatscht weiterhin immer wieder direkt in die Kamera und irgendwie geht der ganze Film so weiter und niemand wird ermordet.
 
Nachdem uns Gabby fragt, ob wir herausfinden können, welches der Häuser in der Straße wohl Omas ist (nur eines der Häuser in dieser Straße sieht aus, als hätte ein blinder Maler die Fassade mit einem Dutzend verschiedener Farbreste bemalt), verliert die dumme Nuss natürlich ihr wertvolles Puppenhaus. Auftritt Kirsten Wiig für den Beginn eines der schrägsten und mit weitem Abstand längsten aber sicher nicht witzigsten SNL-Sketches aller Zeiten, in dem sie eine Art verhuschte Crulla de Vil mit ADHS darstellt und das Puppenhaus an sich bringt.
 
Der Verlust des Puppenhauses wiederum bringt Gabby dazu, uns direkt in die Kamera Sachen wie „Gehen wir auf eine actiongeladene Rettungsmission?“ zu fragen oder uns aufzufordern, „Bringen wir diesen Abenteuerzug ins Rollen!“. Diese Dialogzeilen habe ich mir übrigens auch nicht ausgedacht. Das waren verschiedene Drehbuchautor*innen von denen kein Erwachsener je gehört hat, weil sie alle bisher nur für Kinderserien wie „Blue’s Clues“ oder eben „Gabby’s Dollhouse“ geschrieben haben. Sowohl Dialoge als auch Handlung ihres Drehbuchs unterstreichen nur, dass Kinderserie und Spielfilm zwei völlig verschiedene Kunstformen sind und ein Spielfilm nicht einfach nur eine mit größerem Aufwand gedrehte längere Folge einer Kinderserie sein darf.
 
Bis zur Hälfte des Films ist das Ganze vor allem für Kiffer vergnüglich. Spätestens wenn ein fremdes Stofftier eine Hausbesetzung des Puppenhauses durchführt um einen Kuchen mit „zu viel Magie“ (=wörtliches Zitat) zu backen, empfehle ich die Art von Drogen, die einen Farben hören und Töne schmecken lassen. Ich will nicht zu viel verraten, aber in dem Film wird eine Figur mit einem Göffel bedroht, kann sich aber mit einer Gurke wehren. An einer anderen Stelle wird eine andere Figur von einem gigantischen Gummiwurm verschluckt aber schnell wieder ausgefurzt (sowas hatte weder Part One noch Part Two von „Dune“ zu bieten). Und die Geschehnisse auf einer Brücke aus bunten Waffeln muss man selbst gesehen haben, um sie glauben zu können.
 
All das und vieles mehr können nur entweder kleine Mädchen goutieren, die mit der Fernsehserie vertraut sind oder eben erwachsene Konsumenten sanfter Drogen. Und damit das absolut klar ist: ich meine ganz klar, ENTWEDER ODER. Ohne jede Überschneidung der beiden Gruppen. Weder sollen Mädchen im Grundschulalter Drogen konsumieren, noch sollen Erwachsene zusätzlich zu den Drogen auch noch kleine Mädchen mit in die Vorstellung bringen. Bei den Drogen ist hartes Zeug, wie zum Beispiel Kokain auf jeden Fall zu vermeiden. Das macht zu aggressiv und dann kann man die plump-doofe Inszenierung von Regiedebütant Ryan Crego nicht mehr ignorieren.
 
 
Fazit
 
Ein Film entweder für Mädchen im Grundschulalter, die bereits mit der Fernsehserie vertraut sind oder für die Konsumenten weicher Drogen. Für alle Filmfans, die nicht einer dieser beiden Gruppen angehören (oder deren Begleitpersonen), gibt es keinen Grund, sich diesen merkwürdigen Film anzusehen.
 
 
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Weitere Informationen

  • Autor:in: Walter Hummer
  • Regie: Ryan Crego
  • Drehbuch: Mike Lew
  • Besetzung: Laila Lockhart Kraner, Gloria Estefan