Und wieder ein Remake/Neustart eines Erfolgs aus der Vergangenheit.
Ist sowas eigentlich immer eine gute Idee? Geht man mit bekannten Konzepten wirklich immer auf Nummer sicher?
And we can build this dream together …
„Die nackte Kanone“ ist eine Komödie mit drei wirklich witzigen Gags, fünf oder sechs ganz guten Gags und vielleicht zwei Dutzend passablen Gags, wie man sie auch in den meisten Sketchshows oder Sitcoms finden könnte. Aber das ist weder das einzige noch das größte Problem dieses Films.
Die Handlung der neuen Version von „Die nackte Kanone“ ist dämlich. Aber das ist gar kein Problem. Die Handlung muss dämlich sein. Zum einen weil bereits die Handlungen der alten drei Filme von 1988, 1991 und 1994 dämlich waren. Zum anderen weil diese Art von Film nur funktioniert, wenn die Handlung dämlich ist. Die Handlung ist also nicht das Problem. Das größte Problem dieses Films ist, die Tatsache, dass es sich dabei um eine neue Version von „Die nackte Kanone“ handelt.
Die Entscheidungsträger in den Filmstudios lieben Neuverfilmungen/Remakes/Neustarts von Erfolgen aus der Vergangenheit. Sie meinen, was schon mal funktioniert hat, wird schon wieder funktionieren. Und zeigen damit, dass sie weder von Film noch vom Leben, dem Universum und dem ganzen Rest besonders viel Ahnung haben.
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Zum einen sind Filme immer Produkte ihrer Zeit. Und der richtige Film zur rechten Zeit kann einen Nerv treffen, während der falsche Film zur rechten Zeit oder der richtige Film zur falschen Zeit diesen Nerv nicht treffen können. Nehmen wir mal an, man könnte irgendwie in der Zeit zurückreisen, sämtliche Kopien des Originalfilms von 1988 vor der ersten öffentlichen Aufführung stehlen, um sie heute ins Kino zu bringen. Dann würde der alte Film heute trotzdem nicht den gleichen Effekt beim Publikum erreichen und den gleichen Erfolg haben können, wie 1988. Was 1988 neu und originell war, haben wir im Laufe der letzten 37 Jahre in verschiedenen „Scary Movies“ oder anderen vergleichbaren Filmparodien (nicht wenige davon mit Leslie Nielsen selig) immer und immer gesehen.
Aber die Neuauflage von „Die nackte Kanone“ scheitert nicht nur daran, dass wir nicht mehr das Jahr 1988 schreiben (was ein Jammer ist, weil ich dann nämlich ungefähr vierzig Kilo leichter wäre, die 100 Meter in unter 12 Sekunden laufen könnte und mir viel mehr Haare auf dem Kopf und viel weniger in Nase und Ohren wachsen würden). Diese Neuauflage scheitert vor allem daran, dass Regisseur und Co-Auto Akiva Schaffer das Original einerseits nicht richtig verstanden hat, es aber andererseits auch nicht hinter sich lassen konnte, wollte oder durfte.
Schaffer und seine beiden Co-Autoren Dan Gregor und Doug Mand haben nämlich über weite Strecken bloß eine weitere der vielen beliebigen Filmparodien geschrieben, die wir im Laufe der letzten 37 Jahre immer und immer wieder gesehen haben und keine Neuauflage des Films, der (zusammen mit seinem Vorgänger „Die Unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“) all diese Nachahmer inspiriert hat.
2025 sehen wir kaum etwas von dem, was die alten, von David Zucker, Jim Abrahams und Jerry Zucker geschaffenen Filme so besonders gemacht hat. Einer der besten Running-Gags der alten Filme bestand darin, dass der Held alles immer wörtlich nahm. Dazu gehörten auch rhetorische Fragen. Diese Idee stammt aus dem ebenfalls von Zucker, Abrahams und Zucker gedrehten Klassiker „Die Unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“, den ich den geneigten Leser*innen nur dringend ans Herz legen kann (Dialog beim Start des Flugzeugs: A: „Nervous?“ B: „Yes“ A: „First time?“ B: „No, I’ve been nervous lots of times.”). Im Original von 1988 bietet eine Person dem Helden eine Zigarre an und fragt „Cuban?“ und dieser antwortet mit „No, Dutch-Irish. My father was from Wales.“. Derlei Dialoge waren im Original ständig zu hören. In der Neuauflage fehlen sie fast völlig. Die wenigen Beispiele gehören zu den seltenen Höhepunkten des Films.
Der neue Film bietet vor allem recht beliebige Gags. Wenn der Held zum ersten Mal mit seinem neuen Elektrofahrzeug losfährt, ist es natürlich noch mit der Ladesäule verbunden, die daraufhin umgerissen wird, was zu einer Kettenreaktion führt. So weit so unoriginell. Und ein Beobachter sieht nur die Schatten mehrerer Personen, was den Eindruck wirklich merkwürdiger Sexpraktiken entstehen lässt, ein Gag, der in mehreren Austin-Powers-Filmen vor gut zwanzig Jahren noch eine ganz andere Wirkung entfalten konnte.
Der neue Film zeigt nicht nur eine ganz andere Qualität von Gags, sondern auch eine ganz andere Quantität. 1988 sahen wir zu den Klängen von Herman’s Hermits‘ „I’m into something good“ eine Montage, die uns Held und Heldin verliebt zeigte. Diese Sequenz dauerte kaum mehr als eine Minute und enthielt zehn Gags. Im neuen Film wird genau diese Szene zitiert. Zu den Klängen von Starship’s „Nothing’s gonna stop us now“ sehen wir eine Sequenz die mit zwei Minuten fast doppelt so lang dauert und eigentlich nur einen einzigen Gag enthält, der aber leider für die Dauer von zwei Minuten in die Länge gezogen wird.
Ich sage nicht, dass die zehn Gags im alten Film alle besonders witzig waren. Die meisten dieser Gags waren recht albern, einige sogar sinnlos (ich habe nie verstanden, warum die Verliebten sich vor Lachen kaum halten konnten, als sie eine Vorführung von „Platoon“ verließen). Aber die Pointen kamen 1988 so schnell hintereinander, dass man keine Zeit hatte, über derlei nachzudenken. 2025 hat man während zweier langweiliger Minuten viel zu viel Zeit darüber nachzudenken, wie doof, überflüssig und unlustig die Nummer mit dem Schneemann ist. So kann der neue Film mit seinem Humor nie auch nur halbwegs zum Original aufschließen.
Trotzdem bemühen die Macher immer wieder sichtlich um Nähe zu den alten Filmen. Wenn Weird Al Yankovic hier nicht nur ein Cameo hat, sondern gleich zwei, erinnert das an „Blues Brothers 2000“, in dem 104 Autos zu Schrott gefahren wurde, womit die 103 Wracks des Vorgängers um genau ein Fahrzeug überboten wurden. Das Cameo von Priscilla Presley wirkt uninspiriert, gezwungen und als hätte sie sich schnell mal eben per Zoom zugeschaltet.
Nothing’s gonna stop us now
Aber der neue Film wird nicht nur seinem Vorbild nie richtig gerecht. Seine Macher können, wollen oder dürfen auch keine eigenen Wege beschreiten. Wie kann man Liam Neeson in einer Filmparodie besetzen und sich dann nicht über sein Image aus „Taken“, „Taken 2“, „Taken 3“ oder den vielen anderen Filmen lustig machen, in denen die von Neeson dargestellten Figuren immer jede Menge Leute totschießen? Warum sieht man nicht wenigstens ein Plakat zu „Taken 17 – Who’s left to be taken?“ oder ähnliches. Neesons Film-Persona wurde in einer einzelnen kurzen Szene in „Ted 2“ witziger und ergiebiger eingesetzt als in diesem ganzen Film.
Liam Neeson ist in diesem Film tatsächlich fehlbesetzt, weil er ein viel zu guter Schauspieler ist. Leslie Nielsen war jahrzehntelang ein leidlich bekannter, leidlich begabter Darsteller in allen möglichen ernsthaften Filmen gewesen, bevor Zucker, Abrahams und Zucker ihn für ihre Parodien entdeckt hatten. Ihr genialer Einfall war es, diesen Darsteller komplett „straight“ und ernsthaft auf die unsinnigsten Situationen reagieren zu lassen. Nielsens späte Arbeiten, in denen er teilweise versuchte tatsächlich „witzig“ zu spielen, waren nie so unterhaltsam wie seine ZAZ-Filme. Liam Neeson ist ein viel besserer Darsteller als es der verstorbene Nielsen je war und damit leider zu gut für diesen Film.
Ähnliches kann man von seiner Partnerin Pamela Anderson („The Last Showgirl“) leider nicht behaupten. Vielleicht ist es nicht Andersons Schuld, wenn sie in diesem Film weder richtig „straight“ noch witzig zu spielen vermag. Der Regisseur Akiva Schaffer findet auch in anderer Hinsicht nur selten den richtigen Ton. Er vermag das ehemalige Playmate nicht annähernd so gut zu inszenieren, wie man vor gut dreißig Jahren die leider auch verstorbene Anne Nicole Smith in Szene gesetzt hatte.
Paul Walter Hauser („I, Tonya“), Kevin Durand („Planet der Affen: New Kingdom“) und Danny Huston („The Dead Don’t Hurt“) sind kompetente Darsteller, die an anderer Stelle auch bereits komisches Talent beweisen konnten. Hier gelingt es ihnen kaum.
Fazit
Ein Remake/Neustart eines Erfolgs aus der Vergangenheit funktioniert nur dann, wenn man den Geist des Originals beschwören aber auch genug eigene Ideen aufbieten kann. Der neuen Version von „Die nackte Kanone“ gelingt weder das eine noch das andere richtig. So bleibt eine recht beliebige, leidlich unterhaltsame Filmparodie.
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