Black Bag - Doppeltes Spiel - Kinostart: 15.05.2025

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Lässig, spannend, komisch: Steven Soderberghs Agententhriller ist Starkino, wie ...
 
... man es sich öfters wünschen würde.
 
Vertrauen und Verrat
 
Es gab eine Zeit, da hatte Steven Soderbergh die Lust am Kino verloren. Zwischen 2013 und 2017 zog sich der ursprünglich aus der Independent-Szene kommende Filmemacher von der großen Leinwand zurück. Mittlerweile findet der US-Amerikaner, der so unterschiedliche Werke wie „Sex, Lügen und Video“ (1989), „Traffic - Macht des Kartells“ (2000) und „Ocean‘s Eleven“ (2001) verantwortete, dort aber wieder regelmäßig statt. Seit der Pause legt er jedes Jahr mindestens einen abendfüllenden Film vor. Eine neue Glanzleistung war bislang nicht dabei. „Black Bag - Doppeltes Spiel“ zeigt jedoch, wie souverän Soderbergh ein prominentes Ensemble zu hochunterhaltsamen Intrigenspielen anleiten kann.
 
Interessant ist der von David Koepp zu Papier gebrachte Spionagethriller schon deshalb, weil er so manches Genremuster unterläuft. Wo Geheimdienst draufsteht, erwartet man irgendwie automatisch – James Bond sei Dank – spektakuläre Actionchoreografien, lauter exotische Schauplätze und skrupellose Schurken, die am liebsten die ganze Welt ins Chaos stürzen würden. Doch: Pustekuchen! Soderberghs neue Regiearbeit, bei der er, wie schon oft in seiner Karriere, unter Pseudonymen auch die Kamera führte und den Schnitt besorgte, gibt auf all das wenig. Im Zentrum stehen ein paar Figuren, ihre Neurosen, ihre versteckten Absichten und ihre Winkelzüge. Großen Schnickschnack braucht es da nicht.
 
Michael Fassbender, der bereits Ende 2024 in der Serie „The Agency“ Agentenluft schnupperte, gibt hier einen britischen Topspion der Marke Teflonpfanne. Alles scheint an diesem George Woodhouse abzuperlen. Fast schon pedantisch achtet er auf sein Äußeres. Und stets hält er seine Gefühle im Zaum. Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle – das strahlt dieser Mann aus, der von seinem Vorgesetzten mit einem pikanten Auftrag bedacht wird. Offenbar gibt es innerhalb der eigenen Behörden einen Maulwurf, der einen Computervirus mit gewaltigem Zerstörungspotenzial an russische Kräfte weiterreichen will.
 
Kein bisschen Leerlauf Auf der Liste der fünf Verdächtigen taucht auch Georges Gattin Kathryn (Cate Blanchett) auf, für die er – so sagt er eingangs – alles tun würde. Was nun? Gilt dieses Bekenntnis auch, wenn sie plötzlich die nationale Sicherheit bedroht? Woodhouse nimmt sich der Sache an und bittet in einem ersten Schritt die möglichen Verräter, bei denen es sich neben Kathryn um zwei weitere Paare handelt, zu einem Abendessen in das schick durchdesignte Haus der Eheleute. Ein in die Speisen gemischtes Mittel lässt die Hemmschwelle der Anwesenden sinken. Und so geht es bei Tisch schnell hoch her. Nachdem er erste Erkenntnisse gesammelt hat, schaut sich George genauer an, was Kathryn auf einer geheimen Dienstreise nach Zürich treibt.
 
Paartherapie im Spionagekosmos – unter dieser Losung entfesselt „Black Bag - Doppeltes Spiel“ eine Haken schlagende Geschichte, die erstaunlicherweise schon nach rund 90 Minuten an ihren Schlusspunkt kommt. Intimer, weniger pompös wirkt der Film nicht nur wegen seiner kompakten Laufzeit. Eben diesen Eindruck vermitteln auch die überschaubare Zahl an Handlungsorten und die zeitliche Begrenzung auf eine Woche. Leichtfüßig und elegant zugleich setzt Soderbergh das gegenseitige Belauern der Figuren in Szene und gibt seiner Darstellerriege, zu der auch Naomie Harris, Regé-Jean Page, Marisa Abela, Tom Burke und Ex-Bond-Mime Pierce Brosnan gehören, reichlich Gelegenheit zum Glänzen. Manche Kritiker monieren, dass zwischen Fassbender und Blanchett kein echtes Knistern zu spüren sei. Dem Autor dieser Zeilen stieß das Zusammenspiel der beiden allerdings weniger negativ auf. Auch sie tragen ihren Teil dazu bei, dass der Film jeden Anflug von Langeweile im Keim erstickt.
 
Packend-nervenaufreibende Momente – etwa, wenn George unerlaubterweise einen Spionagesatelliten zur Überwachung seiner Frau einsetzt – und bissig-pointierte Dialoge gehören ebenso zu den Stärken des Thrillers wie gut gesetzte Humoreinschübe mit auflockerndem Charakter. Die Mischung macht’s! Da ist es gar nicht weiter schlimm, dass der Plot bei näherem Betrachten ganz schön konstruiert daherkommt und weltpolitische Themen nur am Rande eine Rolle spielen. Wenn nach anderthalb Stunden der Abspann über die Leinwand rollt, wünscht man sich eigentlich nur, dass der Film noch ein, zwei Schlenker mehr genommen hätte.
 
 
Fazit
 
Wer versierte Darsteller in einem reizvollen, schick bebilderten Agentenverwirrspiel ohne das übliche Genretamtam sehen will, ist hier genau richtig.
 
 
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Weitere Informationen

  • Autor:in: Christopher Diekhaus
  • Regie: Steven Soderbergh
  • Drehbuch: David Koepp
  • Besetzung: Cate Blanchett, Michael Fassbender