Ein Anime-Prequel zu Peter Jacksons legendärer Tolkien-Trilogie von Anfang...
... der 2000er-Jahre lässt Mittelerde noch einmal in einem anderen optischen Gewand erstrahlen.
Weibliche Perspektive
Oft braucht es viele Jahre, bis Filmideen grünes Licht erhalten, der Schritt von der Entwicklung zur Produktion vollzogen wird. Im Fall von „Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“ ging es zur Abwechslung jedoch einmal recht schnell. Der Grund ist einfach: Das Unternehmen New Line Cinema, das hinter Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“-Trilogie und seiner „Der Hobbit“-Reihe steht, drohte, die Verfilmungsrechte an den Literaturvorlagen zu verlieren.
Um dies zu verhindern, winkte man quasi im Eilverfahren das Anime-Prequel durch, das auf den von J. R. R. Tolkien erdachten Figuren und einigen Informationen aus den „Der Herr der Ringe“-Anhängen basiert. Die Stoßrichtung ist im neuen Film ähnlich wie in der 2022 bei Prime Video gestarteten Serienadaption „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“: Weibliches Engagement, das in den Leinwandwerken fast keine Rolle spielte, rückt deutlich stärker in den Fokus. Dreh- und Angelpunkt der Handlung von „Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“ ist die wilde, freiheitsliebende Héra (Originalstimme: Gaia Wise), die Tochter von Helm Hammerhand (Brian Cox), dem König des für seine Pferdezucht bekannten Landes Rohan.
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Rund 200 Jahre bevor der ominöse mächtige Ring in die Hände des Hobbits Bilbo Beutlin gelangt, kommt es am Hof zu einer tödlichen Auseinandersetzung. Freca (Shaun Dooley), der Anführer der Dunländer, will seinen Sohn Wulf (Luke Pasqualino) mit Héra verheiraten, handelt sich jedoch einen Korb von der Prinzessin und ihrem Vater ein. Helm und Freca treffen sich daraufhin zum Kräftemessen vor den königlichen Hallen. Mit dem Ergebnis, dass Letzterer nach einem gezielten Schlag leblos im Staub landet. Wulf schwört blutige Rache und lässt seinen Worten einige Zeit später Taten folgen. Mit einer zusammengewürfelten Armee greift er blitzartig an, weshalb Héra Rohans Hauptstadt Edoras in Windeseile evakuieren muss. Zuflucht finden die Menschen in der alten Festung Hornburg, die schließlich vom hasserfüllten Wulf belagert wird.
Optik spannend, Drehbuch geht so
Während Amazons Serienverfilmung, vor allem in der zweiten Staffel, Probleme hatte, ihr Gewusel an Figuren und Plot-Strängen überzeugend zusammenzubringen, setzt „Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“ auf Minimalismus. Die Geschichte kommt ohne große Schnörkel daher. Und auch das Personal ist überschaubar. Regisseur Kenji Kamiyama konzentriert sich auf einen kleinen Ausschnitt aus Tolkiens Mittelerde-Universum. Wulfs Rache ist der Antriebsmotor für das Eingreifen Héras, die von ihrem Vater anfangs nicht als Kämpferin gesehen wird. In seinem Denken brauchen Frauen Schutz, gehören vor den Traualtar, nicht aufs Schlachtfeld.
Mit seiner Tochter hat der Film eine mutige, zupackende Heldin. Héra stellt sich durchaus gegen die patriarchalen Regeln und hinterfragt die destruktiven Strategien der Männer, denen Gewalt oft als erstbestes Mittel erscheint. Die Entwicklung der Protagonistin zeichnet das Drehbuch allerdings zu oberflächlich, um durchgehend zu packen. Die Beziehungen zu ihrem Vater und zu Wulf, mit dem sie in Kindertagen befreundet war, hätten allemal etwas genauer unter die Lupe genommen werden können.
Durch die Bank fehlt es den Figuren an besonderen Facetten, was in der Konsequenz auch manche aufwühlend gedachte Momente abschwächt. Ebenfalls irritierend: Die Kritik am Patriarchat kassiert der Film teilweise wieder ein, indem er wort- und gestenreich die männliche Widerstandskraft feiert. Schade ist außerdem, dass wir nur selten ein Gefühl für die Not der in der Hornburg belagerten Menschen bekommen. Der Winter sei hart, und die Vorräte gingen dramatisch zu Neige, heißt es mehrfach. Konkret zu sehen sind die Auswirkungen jedoch nicht.
Den inhaltlichen Schwächen steht eine spannende optische Gestaltung gegenüber. „Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“ sieht dank seiner Anleihen beim japanischen Anime-Kino erfrischend anders aus, obwohl sich die Macher auch an den Bildern der Jackson-Werke orientierten. Immer wieder gibt es stimmungsvolle Szenen, in denen der Regisseur gekonnt mit Licht und Schatten spielt und die Emotionen der Charaktere in ihren aus der Nähe eingefangenen Augen markant hervorbrechen lässt. Visuell hebt sich der Film spürbar ab von „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“, den beiden Tolkien-Zeichentrickadaptionen, die Ende der 1970er-Jahre das Licht der Welt erblickten.
Was Fans der ikonischen Trilogie zudem gefallen dürfte: Vertraute Klänge sind regelmäßig zu hören und beschwören das Pathos, das die Abenteuer Frodos und seiner Gefährten umwehte. Die epische Wucht ihrer Geschichte erreicht der Anime-Streifen indes nicht. Vielleicht ändert sich das ja beim nächsten Realfilmprojekt, dem für 2026 angekündigten „Der Herr der Ringe: The Hunt for Gollum“…
Fazit
Aufregende Bilder, stimmungsvolle Szenen, aber erzählerisch mit reichlich Luft nach oben – so präsentiert sich der jüngste Beitrag aus dem von Peter Jackson begründeten filmischen Tolkien-Universum.
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