Ein sentimentales Arthaus-Drama über die letzten vier Jahreszeiten eines ...
... krebskranken Schauspiel-Lehrers. Nichts Neues, aber dennoch berührend.
Ein Krebsdrama kommt selten allein
Die Filmemacher dieser Welt können es einfach nicht lassen. Kein Thema wurde im internationalen Drama-Genre so langwierig durchgekaut wie das eines sterbenden Krebspatienten. In dem französischen Arthaus-Drama von Regisseurin Emmanuelle Bercot („Jumbo“) leidet auch der nicht einmal vierzigjährige Benjamin, gespielt von Benoît Magimel („Ein leichtes Mädchen“), im vierten Stadium von Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Von Anfang an weiß er es, doch er will es nicht wahrhaben und verdrängt seinen Zustand. Die französische Leinwandgöttin Catherine Deneuve ("La Varieté – Leben und lügen lassen“) spielt dabei die Rolle seiner überfürsorglichen Mutter Crystal, die überzeugend den Schmerz einer Mutter auf die Bühne bringt, dessen Kind vor ihren Augen stirbt – das wohl schlimmste Schicksal, was Eltern überhaupt treffen kann.
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Mit von der Partie sind ebenfalls der einfühlsame Arzt Dr. Eddé (Gabriel A. Sara) und die zuständige Krankenschwester Eugéne (Cécile de France, „The French Dispatch“), die sich kaum dem Charme des freigeistigen Benjamins entziehen kann. Besonders interessant: Bercot hat den Onkologen Gabriel A. Sara im Jahre 2015 bei einer Vorführung von ihrem Film „Standing Tall“ in New York kennengelernt und die beiden sind daraufhin ins Gespräch über die Filmidee zu „In Liebe lassen“ gekommen. Sara hat der Regisseurin sehr bei der Entwicklung des Skriptes geholfen und wurde daraufhin als Laiendarsteller engagiert. Seine Performance ist dabei weitaus besser gelungen als die von manch gefeierterten Stars, die über den roten Teppich stolzieren.
Die Charaktere sind überwiegend liebevoll zueinander. Benjamins Beziehung zu seinem Arzt und zu dessen Assistentin scheint immer tiefer zu werden. Auch Liebe scheint ihm kurz vor seinem Tod noch vergönnt zu sein. Nur zwischen ihm und Crystal kommt es immer mal wieder zu kleinen Auseinandersetzungen, die auf eine doch nicht ganz unkomplizierte Mutter-Sohn-Beziehung hindeuten. Anscheinend ist auch seine Mutter nicht ganz unschuldig daran, dass der 39-jährige Benjamin Entscheidungen in der Vergangenheit getroffen hat, die er nun, im angesichts seines Todes, wieder gerade biegen will.
Man muss sich zu helfen wissen
Dabei gehts es nicht zwingend nur um den sterbenden Patienten. Es wird durch mehrere Szenarien und Situationen erzählt, was es heißt Trauer und Gefühle zu verarbeiten. Dr. Eddé gibt für die Krankenschwestern und Pfleger eine Art Gruppen-Therapiesitzung, um über die täglichen emotionalen Konfrontationen mit den Patienten zu sprechen. Denn in was für emotional belastenden Situationenen befinden sich diese Menschen tagtäglich in einem Umfeld, bei dem das Sterben dazugehört?
Benjamin selbst hat dabei seine ganz eigene Methode: In seinem Schauspielunterricht lässt er sich seine Schüler in seine Situation versetzen. So müssen sie sich paarweise gefühlvoll voneinander verabschieden oder am Telefon einem geliebten Menschen gestehen, dass sie sterben werden. Der immer schwächer werdende Benjamin ist hin- und hergerissen zwischen Leidenschaft und der traurigen Erkenntnis, selbst nie seinen Traum gelebt zu haben und die „Erde zu verlassen, wie er gekommen ist“.
Dabei geht eine wichtige Message einher: Wir wissen nie, wie lange wir noch auf dieser Welt zu leben haben. Und meist leben wir so dahin, unglücklich in den Tag hinein und bereuen am Ende erst, wenn es zu spät ist.
Fazit
„In Liebe lassen“ erzählt keine neue Geschichte. Aber der Film erzählt sie auf eine verständliche, eindringliche Weise, ohne zu sehr dem Kitsch zu verfallen. Auch wenn man hier mit Krankenhausszenen, Leid und Tränen konfrontiert wird, macht es dieser Film auf die gelungenste Art und Weise, um mitten ins Herz zu treffen. In jedem Fall sehenswert für alle Drama-Fans.
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