Ein spannendes Familiendrama, das sowohl Aspekte vom Liebesfilm als auch ...
... vom Roadmovie innehat, umrahmt von einem Konflikt, der das aktuelle Zeitgeschehen einfängt und gleichzeitig historische Vergangenheitsbewältigung darstellt. „Leanders letzte Reise“ nimmt sich viel vor – und rechtfertigt schlussendlich sein Siegel der Deutschen Film- und Medienbewertung: „Prädikat besonders wertvoll“.
Der alte Mann, der in den Zug stieg
„Wie war das eigentlich damals im Krieg?“, fragt die Enkelin den Großvater und der seufzt vielleicht einmal tief und hängt höchstens noch ein „ach, damals…“ hintendran. Oder er erzählt seiner Enkelin ausführlich – wenn diese denn alt genug ist – und immer wieder, bis es sie langweilt. Das Verhältnis zwischen dem 92-Jährigen Eduard Leander (Jürgen Prochnow – Das Boot, The Da Vinci Code) und seiner erwachsenen Enkelin Adele (Petra Schmidt-Schaller – Unknown)ist da etwas anders. Als er nach dem Tod seiner Frau unvermittelt in einen Zug Richtung Kiew steigt, rennt Adele ihm nur auf Bitten ihrer Mutter (Suzanne von Borsody – Hannas Reise) hinterher, um ihn dort wieder herauszuholen – und fährt mit nach Kiew.
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Der Großvater verliert kein Wort darüber, warum er in die Ukraine will und ist auch nicht besonders angetan davon, seine Enkelin an der Backe kleben zu haben. Er will seine große Liebe, die er damals im Krieg kennengelernt hat, wiederfinden und lässt sich durch keine Einwände davon abbringen. Adele begleitet ihn auf telefonisches Drängen der Mutter weiter durch ein ihr unbekanntes Land. Beiden zur Seite steht der in Deutschland lebende Ukrainer Lew (Tambet Tusk – Ich und Kaminski), der gerade auf der Rückreise in seine Heimat ist, in der Konflikt zwischen den Ukrainern eskaliert.
Weit mehr als nur ein Familiendrama
Der Zuschauer braucht ein wenig Zeit, um sich mit den verschiedenen Charakteren und deren Vorhaben zurechtzufinden. Grund hierfür ist sicherlich auch, dass der Film nicht versucht, seine Protagonisten besonders sympathisch erscheinen zu lassen (mit Ausnahme des Lebemannes Lew). Der alte, grobe und knorrige Leander macht es einem anfangs genauso schwer, wie die sture und patzige Enkelin, die keinen Zweifel aufkommen lässt, dass sie lieber ganz woanders wäre, als im Zug nach Kiew. Die Mutter Uli zeigt sich zwar besorgt, doch diese Sorge reicht nicht aus, um Vater und Tochter ins Kriegsgebiet hinterher zu reisen und dafür das eigene Restaurant ein paar Tage aus der Hand geben zu müssen.
Der Film punktet allerdings durchweg mit einem sehr trockenen Humor zwischen den Generationen und mit fantastischen Bildern. Die Landschaftsaufnahmen von Eeva Fleig strahlen geradezu vor natürlicher Schönheit und toll in Szene gesetzter Kulisse.
So unsympathisch die Figuren anfangs auch erscheinen mögen – die Darsteller zeigen sich in dem Film durch die Bank in beeindruckender Form. Wie das Duo Prochnow-Schmidt-Schaller das Verhältnis zwischen Großvater und Enkelin aus- und dann auch mit ihm spielt, ist ebenso gelungen, wie die emotionale Bandbreite, die die Figuren einzeln durchleben.
Regisseur Nick Baker Monteys ("Der Mann, der über Autos sprang") hat den Film klar strukturiert und nimmt den Zuschauer an die Hand, um ihn durch schwierige, medial aufgeladene und facettenreiche Themen zu lotsen. Die Grundidee von Alexandra Umminger, eine Enkelin und ihren Großvater eine Reise in dessen Vergangenheit antreten zu lassen, mit dem Ukraine-Konflikt thematisch zu verbinden, verfehlt seine Wirkung also nicht.
Fazit
„Leanders letzte Reise“ ist ein spannungsgeladenes vielseitiges Drama, das den Zuschauer nach kurzer Eingewöhnungszeit in seinen Bann und nicht mehr loslässt. Zudem schafft der Regisseur es auf intelligente Art und Weise, das Thema Vergangenheitsbewältigung für alle Generationen neu zugänglich und bedeutsam zu machen.
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