Rache ist süß – oder aber zerstörerisch! In Alexandre Dumas‘ Roman ...
... „Der Graf von Monte Christo“ eher Letzteres. Der schon vielfach verfilmte Klassiker bekommt mal wieder eine Auffrischung.
Kassenerfolg in Frankreich
Jean Marais hat ihn gespielt, Richard Chamberlain und auch Gérard Depardieu verkörperten den von Alexandre Dumas erdachten Grafen von Monte Christo, der einem beispiellosen Absturz mit einem ausgeklügelten Rundumschlag begegnet. Die Literaturvorlage gehört zweifellos zu den großen Klassikern und ist wohl eine der bekanntesten Rachegeschichten überhaupt. Wenig verwunderlich, dass es regelmäßig filmischen Neuinterpretationen gibt.
Erfahrungen mit einem berühmtem Dumas-Stoff sammelten Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière bereits als Drehbuchautoren der 2023 veröffentlichten, zweiteiligen Leinwandadaption von „Die drei Musketiere“. Für „Der Graf von Monte Christo“ verfassten sie nun nicht nur das Skript, sondern nahmen auch selbst auf dem Regiestuhl Platz. Mit großem Erfolg! Allein in Frankreich lockte die aufwendige Produktion weit über neun Millionen Zuschauer in die Kinos. Völlig überraschend kommt das nicht. Denn geboten wird dem Publikum ein saftig-opulentes Abenteuerepos, dessen erzählerische Schwächen leicht aus dem Blick geraten.
Am Schalthebel der Handlung sitzt Edmond Dantès (Pierre Niney), der nach einem großen Durchbruch einen tiefen Fall erlebt. Aus einfachen Verhältnissen kommend, wird er 1815 zum Schiffskapitän ernannt und kann durch diesen Aufstieg endlich seine große Liebe Mercédès Herrera (Anaïs Demoustier) heiraten. Noch am Traualtar wird er jedoch wegen Hochverrats verhaftet. Ein Vorwurf, den ihm Feinde und Neider angedichtet haben. Allen Unschuldsbekundungen zum Trotz landet er ohne Prozess im berüchtigten Inselkerker Château d’If, wo er viele Jahre in Einsamkeit dahinvegetiert.
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Eines Tages steckt dann aber der einen Tunnel buddelnde Zellennachbar Faria (Pierfrancesco Favino) seinen Kopf aus einem Loch in der Wand und berichtet Edmond von einem gigantischen Schatz auf der Mittelmeerinsel Monte Christo. Gemeinsam wollen sich die beiden fortan in die Freiheit graben. Doch nur Dantès bleibt am Leben. Mehr noch: Mit einem tollkühnen Manöver gelingt ihm die Flucht, die er nutzt, um die von Faria angepriesenen Reichtümer zu bergen. Statt ein Leben ohne Sorgen zu genießen, tüftelt der Ex-Häftling allerdings einen komplexen Racheplan aus. Diejenigen, die für sein Leiden verantwortlich sind, sollen büßen.
Tempo und Schauwerte
Wichtig anzumerken: Bei den Intrigen des Protagonisten spielt Glaubwürdigkeit keine allzu große Rolle. Unzählige Rädchen müssen exakt ineinandergreifen, damit sein Vorhaben auch wirklich funktioniert. Und in der Tat läuft es, hat er sich in seiner neuen Identität als Graf von Monte Christo einmal eingerichtet, nahezu perfekt. Wie auf einem Schachbrett schiebt er Personen hin und her und führt seine nichtsahnenden Widersacher geschickt an der Nase herum. Schmerz, Wut und Kränkung sind so groß, dass er bereitwillig darüber hinwegsieht, wie rücksichtslos er mit manchen Menschen umgeht. Edmond ist ein meisterlicher Manipulator, der sich hoffnungslos in seine Vergeltungsobsession verstrickt. Die Abgründe der Story und ihrer Hauptfigur arbeitet der Film vor allem gegen Ende etwas stärker heraus. In die Tiefe dringt er dabei jedoch nicht vor. Vieles bleibt an der Oberfläche. Auch, weil die Dantès hinterfragenden Nebencharaktere nicht genug Profil erhalten.
Ähnliches gilt für die politischen und gesellschaftlichen Dimensionen des Stoffes. Eine Verschwörung des nach Elba verbannten Ex-Kaisers Napoleon Bonaparte und Klassenunterschiede finden Erwähnung. Lange hält sich die Neuverfilmung damit allerdings nicht auf. Wichtiger sind den Machern die unterhaltsamen Aspekte des Romans. Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière inszenieren mit Verve, lassen die Kamera durch die Landschaften fliegen und trumpfen mit einer prächtigen Ausstattung auf. Die Schauspieler haben sichtlich Spaß, sich den Intrigen und Wendungen hinzugeben. Langeweile kann da gar nicht groß aufkommen.
Gelungen ist auch die Idee, immer mal wieder den im Kern intimen Charakter der Geschichte zu berücksichtigen. Auch wenn der Film rund zwanzig Jahre und viele unterschiedliche Schauplätze umspannt, steht im Zentrum ein höchst persönlicher Konflikt. Nur konsequent, dass es da neben opulenten Panoramabildern regelmäßig Szenen gibt, in denen wir den Figuren, allen voran Edmond, auf die Pelle rücken. Besonders während seiner Gefangenschaft wird die Verzweiflung greifbar, die der unverschuldete Absturz hervorruft.
Fazit
„Der Graf von Monte Christo“ anno 2024 ist kein Beispiel für große Erzählkunst, aber ein schnittig inszeniertes, kurzweiliges, mit Schauwerten gespicktes Abenteuerdrama, dem man seine dreistündige Laufzeit nicht wirklich anmerkt.
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