Hilde Coppi ist einige wichtige Figur in der deutschen Geschichte, doch ist ein weiterer Film ...
... über den NS-Widerstand notwendig?...
Von der Arzthelferin zum Todestrakt
Die Arzthelferin Hilde Coppi (Liv Lisa Fries) verliebt sich in Hans (Johannes Hegemann), der Teil einer Anti-Nazi Bewegung ist. Auch Hilde fängt an sich in der Gruppe zu engagieren, indem sie Texte für Flugblätter abtippt oder Morse-Code für das Funken lernt. Zusammen erlebt die Gruppe neben ihren Widerstands-Aktivitäten einen wunderschönen Sommer.
Gleichzeitig müssen sie mit der ständigen Angst leben, erwischt zu werden. Die Gruppe wird schlussendlich verhaftet und zum Tode verurteilt. Hilde, die gerade schwanger geworden ist, muss nun ihren Sohn im Gefängnis gebären und aufziehen. Währenddessen wartet sie auf ihren Tod.
Es fehlt etwas
Der Film erzählt uns nichts Neues. Die NS Zeit haben wir schon massenhaft durcherzählt. Trotzdem ist und bleibt es weiterhin ein bedeutendes Thema und daher ist es umso wichtiger, wie die Geschichten erzählt werden. Während des Schauens von “In Liebe, eure Hilde“, hat man das Gefühl es passiert dauerhaft relativ wenig. Der Film wirkt langatmig und ist immer wieder kurz davor anstrengend zu werden, er bekommt jedoch kurz davor jedes Mal noch die Kurve.
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Die gefühlte inhaltliche Leere kommt daher, dass der Kontext um den Krieg und die Nazis weitestgehend ignoriert wird, was bei einem Film über den Nazi Wiederstand etwas abwegig wirkt. Wenn es dann doch mal politisch werden könnte, dreht der Film schnell wieder um zu der Liebesbeziehung von Hilde. Zudem wird die Geschichte zeitversetzt erzählt und springt daher teilweise etwas umher. Zwar funktioniert das nicht sonderlich schlecht, jedoch führt es in einigen Momenten doch eher zu Verwirrung als zu einem erkennbaren Vorteil.
Frauenpower?
Es scheint immer wieder einen Themenschwerpunkt auf Frauenpower zu geben und das läuft auch nicht unbedingt schlecht, aber eben auch nicht unbedingt Oscar verdächtig. Die Geburt des Sohnes wird sehr realistisch dargestellt und es wird deutlich, wie viel Stärke es braucht um ein Kind zu gebären. Im Frauengefängnis helfen sich die Insassen gegenseitig und bilden eine starke Bande. Auf der anderen Seite wird das Sexleben von Hilde und Hans doch sehr deutlich gezeigt und Hilde wird auch außerhalb davon nackt gezeigt, was nach einiger Zeit doch eher wie unangebrachte Sexualisierung daher kommt. Der Sinn und Zweck dieser Szenen ist schnell nicht mehr zu erkennen.
Fehlende Bindung zu den Charakteren
Vor allem fällt es jedoch schwer Hilde überhaupt nachzuvollziehen. Vor und nach dem Todesurteil sieht man sie nicht um ihr Leben kämpfen und das obwohl sie einen neugeborenen Sohn hat. Hilde stirbt für ihre Taten, aber wir merken nie wirklich ihre eigene Motivation dafür, abseits von ihrer Liebe zu Hans.
Es gibt auch emotionale Momente, die wirklich stark sind und mutig. Aber, obwohl es nur um Hilde als Person geht, baut man nie eine richtige Bindung zu ihr auf. Das Schauspiel von Liv Lisa Fries, die Hilde verkörpert, ist jedoch kaum der Grund für diese Distanz, denn sie spielt sehr überzeugend und fast schon herausragend. Sie bekommt aber einfach nicht genügend Momente, in denen wir ihr näher kommen dürfen.
Ein eigenes Universum ohne kreative Freiheit
Trotzdem schafft es Regisseur Andreas Dresen ein kleines eigenes Universum zu erschaffen, denn man fühlt sich durch den körnigen Analog-Effekt im Bild und der betäubenden Stille sehr in eine andere Zeit versetzt. Die Kulissen und die Atmosphäre wirken insgesamt authentisch. Wenn es dann mal Musik gibt, wird sie meist ein Teil der Geschichte und trägt einen Sinn bei.
Das funktioniert auch wirklich gut und konnte im Kino überzeugen. Im Heim-Kino könnte das jedoch schnell herausfordernd für die Konzentration werden. Man merkt, dass die Geschichte echt ist und das hat zur Folge, dass man einige Szenen eben nicht einfach mal so spannender machen kann. Das Wissen, dass wir eine echte Geschichte sehen, gibt dem Film einiges an Schwere mit und verleiht einen anderen Fokus. Aber es gibt dadurch eben auch Schwachstellen, wie eben eine vorgeschriebene Dramaturgie und auch die Charaktere müssen so sein, wie sie in Wirklichkeit auch waren. Zudem bleiben auch einige Fragen offen, weil es teilweise vielleicht auch gar nicht möglich ist diese zu beantworten.
Fazit
Der Film „In Liebe, eure Hilde“ ist gleichzeitig ein hässlicher und schöner Film. Er zeigt die Schrecken der NS-Zeit aus einer Einzelperspektive und wird dabei auch mal direkt. Aber er zeigt uns auch die schönen Zeiten von Hildes Leben und die guten Momente sehen auch einfach visuell gut aus. Trotzdem fehlt es nicht nur an Nähe zu den Charakteren sondern auch an einer Grundlage, um zwischen den vielen anderen Filmen aus der NS-Zeit herauszustechen.
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