Immaculate - Kinostart: 04.04.2024

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Vorhang auf zur Sydney-Sweeney-Show! „Immaculate“ hat einige Macken.
 
Die Hauptdarstellerin und Produzentin hebt den Horrorthriller jedoch manchmal auf eine höhere Stufe.
 
Bella Italia?
 
Über Unterbeschäftigung kann sich US-Schauspielerin Sydney Sweeney, bekannt geworden durch die vieldiskutierte HBO-Serie „Euphoria“, eher nicht beklagen. Anfang 2024 erschien in den deutschen Kinos zuerst die romantische Komödie „Wo die Lüge hinfällt“, gefolgt vom Berlinale-Beitrag „Reality“ und dem Superheldenunfall „Madame Web“. Mit dem Nonnenschocker „Immaculate“ steht nun ihr nächster Film in den Startlöchern.
 
Ein Film, den sie als Produzentin auch noch entscheidend mit auf den Weg brachte. Mit ihrer eigenen Firma erwarb sie die Rechte an Andrew Lobels seit geraumer Zeit herumgeisterndem Drehbuch und holte mit Michael Mohan einen alten Bekannten als Regisseur an Bord. Gemeinsam hatten sie schon an der Netflix-Serie „Everything Sucks!“ und dem Erotikthriller „The Voyeurs“ gearbeitet.
 
Sweeneys Begeisterung für den Stoff und ihr Engagement fließt nicht zuletzt in ihre Performance ein, die den in der zweiten Hälfte ins Reißerische abdrifteten Horrorstreifen erdet. Dass wir das Interesse an der Geschichte trotz abstruser Wendungen nie komplett verlieren, ist vor allem der Hauptdarstellerin zu verdanken. Eine ganze Weile spielt sie erstaunlich zurückhaltend, um gegen Ende wie ein Vulkan zu explodieren. Ihr quälend langer Schmerzensschrei kurz vor Schluss lässt einen so schnell nicht wieder los. Wetten, dass!?
 
Zu sehen ist Sweeney als Schwester Cecilia, eine fromme Novizin, die seit einem dramatischen Unfall in jungen Jahren den Weg zu Gott gefunden hat. Da ihr Konvent in den USA dichtmachen muss, zögert sie nicht lange, als sie ein Angebot aus Italien erhält. Ein abgeschiedenes Kloster, in dem todgeweihte Nonnen gepflegt werden, ist ihr Ziel. Cecilia weiß allerdings nicht, was dem Publikum schon in einem zunächst spannenden, dann etwas dick auftragenden Prolog vor Augen geführt wird. Das alte Gemäuer ist ein Ort finsterer Geheimnisse, der es mit manchen Schwestern gar nicht gut meint.
 
Brachiale Wendungen
 
Die strengen Regeln und der harte Arbeitsalltag stellen Cecilia vor einige Herausforderungen. Aber immerhin versteht sie sich mit ihrer kein Blatt vor den Mund nehmenden Kollegin Gwen (Benedetta Porcaroli) auf Anhieb gut. Auch Pater Sal Tedeschi (Álvaro Morte), der sie für das Kloster gewinnen konnte, hilft ihr beim Eingewöhnen in der neuen Umgebung. Schnell wird sie jedoch das Gefühl nicht los, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Eine erschütternde Entdeckung ändert schließlich alles, besonders Cecilias Rolle innerhalb der Gemeinschaft.
 
Was positiv hervorsticht: „Immaculate“ schmeißt nicht andauernd die Geisterbahn an, setzt, im Gegensatz zum Klosterhorror aus „The Nun“, nicht auf aggressiv ins Bild springende Fratzen, sondern will erst einmal über seinen Schauplatz und die Wahrnehmung der Hauptfigur Angst und Unbehagen kreieren. Verwinkelte Gänge, flackernde Kerzen, knarzenden Türen, seltsame Reliquien - das Setting ist vertraut, wird von Regisseur Michael Mohan aber angemessen ungemütlich in Szene gesetzt. Hinzu kommt Cecilias Verlorenheit in einem fremden Land, dessen Sprache sie, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft spricht.
 
 
Mehrfach findet sie sich in Situationen wieder, in denen andere Leute in ihrem Beisein auf Italienisch über sie reden. Momente, die auf Sydney Sweeneys Gesicht, in ihren großen, rot unterlaufenen Augen Verunsicherung und Machtlosigkeit zu Tage treten lassen.
 
Heftig ist vor allem ein Verhör, bei dem die sitzende Protagonistin von mehreren stehenden Klostermitarbeitern mit intimen Fragen bestürmt wird. Hier, aber auch schon früher arbeitet Andrew Lobel einen zentralen Punkt seines Drehbuchs heraus: die Frage, wie Frauen in patriarchalen Strukturen herabgesetzt und ihrer Bestimmung über den eigenen Körper beraubt werden.
 
Reizvoll ist in diesem Zusammenhang das Vertrauensverhältnis zwischen Cecilia und Gwen, die schlimme Gewalterfahrungen gemacht hat und sich nicht allen Vorschriften unterwerfen will. Weibliche Solidarität scheint hier als Gegenmittel zum Unterdrückungsapparat der Kirche auf. Doch leider verabschiedet der Film Gwen irgendwann enttäuscht achtlos aus der Handlung.
 
Überhaupt vernachlässigt „Immaculate“ in der zweiten Hälfte seine thematischen Überlegungen zugunsten einer mit deftigen Splatter-Szenen aufgepumpten Holzhammerdramaturgie. Gruselklischees häufen sich. Und unsere Heldin, die lange eher beobachtend auftritt, wird zwar aktiver, verhält sich dabei allerdings mindestens in einem Fall - Stichwort: Huhn unter dem Bett - ganz schön dilettantisch.
 
Sydney Sweeney spielt tapfer gegen jede brachiale Wendung an, darf im Finale noch einmal einen neuen beklemmenden Klosterort erforschen und sorgt mit dem schon erwähnten Urschrei in den letzten Minuten dafür, dass Cecilias Tortur einige Zeit in Erinnerung bleibt. Zu einem richtig guten Horrorfilm macht das „Immaculate“ jedoch nicht.
 
 
Fazit
 
In der Hauptrolle stark gespielter, sein gruseliges Setting kompetent in Szene setzender Schocker, dem ab der Hälfte aber Knalleffekte, darunter auch einige billige, wichtiger sind als alles andere.
 
 
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Weitere Informationen

  • Autor:in: Christopher Diekhaus
  • Regie: Michael Mohan
  • Drehbuch: Andrew Lobel
  • Besetzung: Sydney Sweeney, Álvaro Morte