YouTube-Geschwister verbreiten auch in ihrem zweiten Spielfilm Angst und Schrecken...
Sally Hawkins in ungewohnter Rolle „RackaRacka“ heißt der YouTube-Kanal der Zwillingsbrüder Daniel „Danny“ und Michael Philippou, mit dem die beiden Australier dank lustiger Horrorvideos einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurden. Noch heute hat der Channel fast 7 Millionen Abonnenten, auch wenn die Geschwister längst den Sprung ins große Filmgeschäft geschafft haben und die letzten Clips vor zwei Jahren erschienen.
2022 legten die Philippous mit „Talk to Me“ ihr Leinwanddebüt vor, das auch in Deutschland einen Kinostart erhielt. Erfreulicherweise, muss man sagen. Denn der Gruselthriller um eine einbalsamierte, abgetrennte Hand, die einen Kontakt zur Totenwelt ermöglicht, steckt viele andere Genrewerke locker in die Tasche. Das Schönste und Überraschendste: Die Jungregisseure sind nicht nur darauf aus, das Publikum zu erschrecken. Gleichberechtigt ist auch das Innenleben der jugendlichen Protagonistin, die ihre Mutter unter tragischen Umständen verloren hat.
Tod, Trauer und die Sehnsucht nach einem geliebten Menschen – davon handelt „Talk to Me“. Themen, die auch das zweite Werk der Philippous dominieren. Nach dem Erfolg ihres Erstlings, der bei einem kolportierten Budget von unter 5 Millionen Dollar weltweit fast 92 Millionen Dollar umsetzte, merkt man, dass den Zwillingsbrüdern nun etwas größere Mittel zur Verfügung standen. Schon das Casting lässt ein wenig aufhorchen. Mit der zweifachen Oscar-Anwärterin Sally Hawkins („Shape of Water - Das Flüstern des Wassers“) konnten sie eine renommierte Darstellerin gewinnen, die sich in „Bring Her Back“, so der Name der Nachfolgearbeit, von einer verblüffend beunruhigenden Seite zeigt.
View the embedded image gallery online at:
https://cinepreview.de/index.php/item/1178-bring-her-back-kinostart-14-07-2025#sigProId2fb68512fb
https://cinepreview.de/index.php/item/1178-bring-her-back-kinostart-14-07-2025#sigProId2fb68512fb
Gleich zu Beginn lernen wir die Halbgeschwister Andy (Billy Barrett) und Piper (Sora Wong) kennen, die vom plötzlichen Tod ihres Vaters erschüttert werden. Nicht von ungefähr lassen die Philippous ihn in der Dusche sterben. An jenem Ort also, den Alfred Hitchcock in seinem Klassiker „Psycho“ mit so viel Grauen auflädt. Andy, der beinahe 18 ist, fühlt sich für die fast blinde Piper verantwortlich und macht es zur Bedingung, dass sie in derselben Pflegefamilie untergebracht werden. Ein neues Zuhause finden die beiden schließlich bei Laura (Hawkins), die sich früher auch beruflich um in Not geratene Kinder und Jugendliche gekümmert hat. Während sie all ihre Aufmerksamkeit gleich auf Piper richtet, spürt Andy schnell, dass die neue Pflegemutter etwas im Schilde führt.
Gute Nerven sind gefragt
Was genau, verrät im Grunde schon der Titel, der auf einen noch lange nicht verwundenen Verlust Lauras anspielt. Vor einiger Zeit starb nämlich ihre Tochter Cathy (Mischa Heywood) bei einem Unglück. Dass sich rasch ein handfestes Gefühl der Beklemmung über den Film legt, hat nicht nur mit den mysteriös-verstörenden Auftaktbildern zu tun, die offenbar seltsame Rituale zeigen. Überhaupt macht sich in Lauras Anwesen mitten in der Pampa eine ungemütliche Stimmung breit. Ist sie nicht schon beim ersten Treffen merkwürdig überdreht? Warum behandelt sie Andy umgehend, als sei er gar nicht anwesend? Und was hat es mit Lauras anderem Pflegesohn Oliver (Jonah Wren Phillips) auf sich, der mutmaßlich nicht reden kann?
Die Irritationen reichen von Grenzüberschreitungen bis hin zu perfiden Manipulationen. Kurz nach dem Kennenlernen liest Laura beispielsweise Nachrichten auf Andys Handy. Und nach der Beerdigung ihres Vaters drängt sie die Halbgeschwister zu einer Trinkparty, die nicht wirklich angemessen ist. Gruselig wird es spätestens dann, als sich herausstellt, wie die Pflegemutter des Nachts mit Andys psychischer Verfassung spielt. Auch Olivers besorgniserregendes Verhalten trägt entscheidend dazu bei, dass „Bring Her Back“ zu einer unheimlichen Leinwanderfahrung avanciert.
Als Horrorfilm funktioniert das Ganze recht überzeugend. Die Philippous drehen die Eskalationsspirale kontinuierlich weiter, geizen nicht mit blutigen Schockmomenten (zarte Gemüter seien eindringlich gewarnt!) und treiben Sally Hawkins zu einer wahrlich furiosen Performance. Gerade im Vergleich mit dem thematisch sehr ähnlichen Vorgänger „Talk to Me“ fällt aber auf: Das Drama und die seelische Verfassung der Charaktere bleiben dieses Mal an der Oberfläche.
Dass die Geschichte vor allem Laura gehört, dass ihre Trauer das Drehbuch strukturiert, deutet bereits der Filmtitel an. Zumindest Andy wirkt einige Zeit jedoch wie eine ebenbürtige Figur. Irgendwann drängt sich allerdings der Verdacht auf, dass er und seine Halbschwester das sind, was man im Englischen als plot devices bezeichnen würde. Erfüllungsgehilfen der Handlung, die selbst nur wenig echten Entfaltungsraum bekommen. Andys traumatische Erfahrungen wirken aufgepfropft, während die größtenteils auf ihre Sehbehinderung reduzierte Piper generell flach gezeichnet ist. Etwas tiefer graben die Regisseure hingegen bei Laura, deren Schmerz und Weigerung loszulassen vor allem gegen Ende mit Wucht hervorbrechen. Nichtsdestotrotz packt einen der sensibler erzählte „Talk to Me“ emotional einfach mehr.
Fazit
Horrorthriller mit kompetent aufgebauter Schock- und Schaueratmosphäre, der über seine blutige Eskalation aber ein wenig vergisst, seine Figuren und ihre Gemütszustände auszufeilen.
Unterstütze CinePreview.DE:
|
Ähnliche Kritiken

Ma: Sie sieht Alles - Kinostart: 30.05.2019
„Blumhouse“ hat bisher vor allem Filme mit jugendlichen Protagonisten ...
... für ein jugendliches Publikum produziert. „Ma“ ist in mehr als einer Hinsicht der bisher erwachsenste Film dieses jungen Studios …
Safety Dan...

Lloronas Fluch - Kinostart: 18.04.2019
Mit „Lloronas Fluch“ kommt die mit geringem Budget produzierte lose Fortsetzung ...
... eines Ablegers einer mittelmäßigen Horror-Filmreihe in die Kinos. Das hat tatsächlich etwas von einem Fluch …
Unverantwortliche Erwachsen...

Malasana 32: Haus des Bösen - Kinostart: 17.06.202...
„Poltergeist“ im Madrid der 1970er Jahre: „Malasaña 32 – Haus des Bösen“ ...
... wandelt auf den Spuren klassischer Haunted-House-Werke, will aber ein bisschen mehr sein als ein Konventionen abhakender Gruselstreifen. Ob das gelingt?
Spuk...

Child´s Play - Kinostart: 18.07.2019
Im Kinderzimmer werden wieder Messer gewetzt: Der Norweger Lars Klevberg ...
... verpasst mit „Child’s Play“ einem schrägen Horrorstreifen eine Frischzellenkur, der hierzulande als „Chucky – Die Mörderpuppe“ in die Kinos ka...