|
Endlich wieder Glamour, endlich wieder Popcorn-Feeling, endlich wieder erfahren, welche Filme für die Academy besonders hervorgestochen sind – ja, es ist Oscar-Zeit! Auch wenn die Nominierungen einen nun nicht aus den Socken gehauen haben, so konnte man trotzdem gespannt sein, was an diesem Abend so passieren würde. Gerade in Blick auf die im Vorfeld verkündeten Neuerungen, wie beispielsweise ein gestrafftes Programm sowie kein designierter Host (nachdem Kevin Hart den Posten doch nicht übernommen hat) und die Kritik an fehlender Diversität erhöhten schon im Vorfeld die Neugier darauf, was denn da so kommen mag.
Doch, ehrlich gesagt, war die diesjährige Oscar-Verleihung brav, unspektakulär und gehetzt. Nach dem grandiosen Einstieg des Einleitungs-Trios Tina Fey, Amy Poehler und Maya Rudolph Prove hatte man schon die Hoffnung, dass es eine unterhaltsame Veranstaltung wird. Aber leider gab es nur wenige Momente, die einen zum Schmunzeln oder gar zum Mitlachen brachten. Allen voran Trevor Noahs Seitenhieb auf die nach wie vor sehr weiße Struktur in Hollywood.
Der südafrikanische Comedian gab eine knackige Rede zum Besten, in der er auf Xhosa alle im Publikum zum Lachen bringt, obwohl nur die wenigsten wohl die Message verstanden haben dürften – denn dann wäre ihnen sicherlich das Lachen nicht so leicht gefallen. Denn eigentlich ist die Aussage des Satzes folgende: „Die Weißen wissen nicht, dass ich gerade lüge“. Generell gibt es zahlreiche Seitenhiebe auf das Ungleichgewicht in der Glitzerwelt und Politik.
Vor allem Donald Trump bekommt sein Fett weg, ohne dass sein Name fällt. Dennoch bleibt die Verleihung eher brav, auch wenn Spike Lee seine 90 Sekunden Redezeit überzieht und ihn mit dem von ihm gewohnten Inhalt über Ungleichheit und Rassismus ein Statement setzt. An vielen Stellen wirkt die Verleihung gehetzt und lieblos. Emotionale Höhepunkte sind rar und meistens dann in Kategorien, für die das Interesse nur mäßig hoch ist. Schade. Diversität made in Hollywood Natürlich war es längst überfällig, dass mehr Afroamerikaner, mehr Latinos und mehr Frauen nicht nur für ihre herausragende Leistungen in der Filmbranche endlich gewürdigt werden, sondern auch sonst mehr in Erscheinung treten. Aber es hätte ruhig noch mehr sein dürfen, denn gerade mit Blick auf den Gewinner in der Kategorie „Bester Film“ könnte der ein oder andere denken, dass sich doch noch nicht so viel bewegt hat in der publikumsumschmeichelnden Branche.
Denn „Green Book“ ist ein sogenannter „audience-pleaser“, wie schon viele Gewinner dieser Kategorie vor ihm. Zu sehr bleibt der Film an der Oberfläche, zu wenig reflektiert er über das Thema Rassismus. Daher war nicht nur das Publikum sehr über diesen Sieg verwundert, sondern auch in den sozialen Medien wurde dieser Sieg heiß diskutiert. „Roma“ wäre, zumindest meiner Meinung nach, die bessere Wahl gewesen.
Allein schon um zu zeigen, dass es sich auch mal lohnt aus der Komfortzone Hollywoods auszubrechen und über den Tellerrand zu schauen. Abräumer des Abends war im Übrigen „Bohemian Rhapsody“, der in insgesamt vier Kategorien gewonnen hat, darunter „Bester Hauptdarsteller“ für Rami Malek – auch ein audience pleaser, der viel zu brav die Geschichte von Freddy Mercury und Queen erzählt, aber nun gut.
Das Drumherum Bei den Oscars geht es selbstverständlich nicht nur um die Verleihung, sondern auch um den roten Teppich, die Statements und Reden der Gewinner und die Acts zwischen den Momenten in denen ein Oscar seinen neuen Besitzer findet. Hier ist besonders Lady Gagas und Bradley Coopers Auftritt hervorzuheben: Wüsste man es nicht besser, so könnte man denken, dass die beiden viel mehr als nur Kollegen sind, aber wer möchte schon die Gerüchteküche zum Brodeln bringen…
Insgesamt war die diesjährige Verleihung ganz nett, mehr aber auch nicht. Es wirkte irgendwie unrund und gehetzt. Die wenigen Highlights halfen nur wenig über die doch recht drögen Längen hinweg. Aber: Es ist ein Anfang, vor allem im Bezug auf Diversität und Emotionalität. Auch wenn Letzteres echt noch zu wünschen übriglässt. 2020 geht definitiv mehr! Wir freuen uns schon jetzt darauf!
Die Oscars wurden in insgesamt 24 verschiedenen Kategorien verliehen, darunter:
• Bester Film: „Green Book“
• Hauptdarsteller: Rami Malek in „Bohemian Rhapsody“
• Hauptdarstellerin: Olivia Coleman in „The Favourite – Intrigen und Irrsinn“
• Regie: Alfonso Cuarón
• Nebendarsteller: Mahershala Ali in „Green Book“
• Nebendarstellerin: Regina King in „If Beale Street Could Talk“
• Ausländischer Film: „Roma“
• Kamera: Alfonso Cuarón
• Animationsfilm: „Spider Man: A New Universe“
• Animierter Kurzfilm: „Bao“
• Dokumentarfilm: „Free Solo“
• Filmmusik: Ludwig Goransson für „Black Panther“
• Schnitt: John Ottmann für „Bohemian Rhapsodie“
|
Autorin: Sarah Schindler |